Restauration Christusfigur

Sam_M

ww-kastanie
Registriert
12. Mai 2006
Beiträge
30
Ort
Raum Nürnberg
Hallo allerseits,

ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen:

ein Bekannter möchte eine 60 Jahre alte Christusfigur renovieren, die als Feldkreuz im Freien steht.

Dies ist nicht das erste Mal, vor 15 - 20 Jahren hat er sie schon mal abgenommen, abgeschliffen, ein paar Stellen repariert und mit einer braunen Farbe gestrichen.
Aus was die Farbe besteht, wissen wir nicht, sie lässt sich aber mit Ätznatron verseifen.

Hier meine Fragen:

1) Mit was / wie sollten wir die Oberfläche behandeln, damit sie Wind und Wetter möglichst gut widersteht?

2) Es sind einige Risse. Die größeren wollen wir aufschneiden und neues Holz einleimen (wie schon an ein paar Stellen geschehen). Aber was empfehlt Ihr für die kleineren Risse?

Wir würden uns Ratschläge aller Art, auch weitere Tipps&Tricks sehr freuen

Grüße
Sam
 

Anhänge

  • GrößenänderungCIMG7845.JPG
    GrößenänderungCIMG7845.JPG
    162,1 KB · Aufrufe: 32
  • GrößenänderungCIMG7846.JPG
    GrößenänderungCIMG7846.JPG
    151,2 KB · Aufrufe: 23
  • GrößenänderungCIMG7848.JPG
    GrößenänderungCIMG7848.JPG
    170,3 KB · Aufrufe: 25
  • GrößenänderungCIMG7850.JPG
    GrößenänderungCIMG7850.JPG
    153,9 KB · Aufrufe: 26

Chilipepper

ww-ahorn
Registriert
18. Oktober 2009
Beiträge
108
Ort
Bayern
Ich kann Dir nicht weiterhelfen - vielleicht aber edelres (ein moderator).
Mal sehen - ob der Hilferuf erfolgreich ist. :emoji_slight_smile:
 

edelres

ww-robinie
Registriert
16. November 2003
Beiträge
2.619
Ort
Redwood City, Kalifornien USA
Leinoelfinish

Hallo Sam & Forumsfreunde.

in den siebziger Jahren, restaurierte ich Grabkreuze welche aus der Zeit des ersten Weltkrieges stammten.

Nach den Bildern zu urteilen, wuerde ich das Kreuz , mittels Nylon/perlonschnur auf einer Holzplatte befestigen. Mdf oder aehnlich, das billigste Material ist gutgenug.

Diese Massnahme ist wichtig um nicht noch intakte Verleimungen aufzubrechen.

Nun wuerde ich das Kreuz sorgfaeltig mit Aetznatronlauge 10% Ablaugen, nach einer Einwirkungszeit der Lauge von 15-30 Minuten mit einer Wurzelbuerste und reichlich Wasser abbuersten. Die Locken und Vertiefungen mittels einer harten kleinen Buerste sorgfaeltig von allen Farbresten befreien. Die Lauge loest die Farbe, Abbuersten und verbliebene Farbreste(*) weiter mit Lauge behandeln. Auf diese Weise wird eine saugfaehige Oberflaeche geschaffen.

(*)nicht mit gewalt oder scharfen Werkzeugen die Farbreste entfernen, die so nicht entfernbaren im Holz befindlichen Farbreste verhindern die Aufnahme von Firnis.

Nun das Kreuz drehen mit Kunststoffschnur wieder auf der Platte fixieren, und die andere Seite Ablaugen, wie oben beschrieben.

Nun wuerde ich das Kreuz in einem nicht zu kalten Raum 1 Woche trocknen lassen, nun das Kreuz in einen Warmen Raum bringen und in der Waerme noch 2 Tage nachtrocknen lassen. Falls Pressluft zur Verfuegung steht alle Ritzen damit ausblasen oder dies mit einem Staubsauger versuchen.

Mache bitte einige deutliche Bilder von den groessten Ritzen, dann kann ich mehr dazusagen.

Falls moeglich den Korpus 2 - 3 Sunden in einem ueberhitzten Raum lagern und nun im Wasserbad auf ca 60 - 70 °/C erhitzten Leinoelfirnis auftragen, dabei beobachten wo mehr aufgesaugt wird und dort solange Firnis auftragen bis die Oberflaeche gleichmaessig glaenzt. Dies kann bei Vorder- Rueckseite in einem Schritt geschen. Den Korpus so auf Dreikantleisten legen, so dass die Luft von allen Seiten Zugang hat.

Durch das Erhitzen des Firnis benetzt dieser leichter die Oberflaeche und dringt dadurch tiefer ein.

Auf keinen Fall den Firnis verduennen, sondern die Dose alle 10 Minuten wieder in eine Schuessel mit heissem Wasser stellen.

Nach ca 45 Minuten mit einem nicht fusselnden Lappen sorgfaeltig alles ueberschuessige Leinoel abwischen, dazu den Korpus drehen, so dass kein Leinoel auf der Oberflaeche steht. Das Abwischen solange fortsetzen bis das Holz matt glaenzt.

Nun den Korpus auf Dreikantleisten 25-36 Stunden in einem Warmen Raum trocknen lassen. Danach das gleiche wie oben beschrieben mindestens 3 mal wiederholen, doch auch nicht zuviel.

Diese Prozedur stellt die Grundierung dar und verhindert die Wasseraufnahme. Der Firnis bildet im Holz einen unloeslichen flexiblen Film, dabei bleibt das Holz athmungsaktiv.

Auf das so vorbereitete Holz eine echte Oelfarbe der gewuenschten Farbe
duenn auftragen und 36 Stunden trocknen lassen, die duennen Auftraege solange fortfuehren bis die gewuenschte Farbdeckung erreicht wird. Auch hier die Farbe in heisses Wasser stellen.

Ein so behandelter Korpus haelt der Witterung Jahrzehnte stand. So alle drei bis fuenf Jahre den Korpus Abbuersten und duenn mit Firnis streichen falls die Oberflaeche abgewettert aussieht.

Der Oberflaechenschutz mit Firnis und in duennen Lagen aufgebrachter echter Oelfarbe bildet beim Trocknen einen unloeslichen Belag, welcher den Holzbewegungen folgt ohne Blasenbildung und Reissen.

Mit modernen Farben, laesst sich nach meiner Ansicht kein dauerhafter Schutz auf Holz erzielen. Als Industrienorm hier in den USA (in D?) genuegen 15 Jahre Haltbarkeit, auch aendern sich die Rezepturen der heute hergestellten Farben laufend, so dass bei einer spaeter notwendigen Wartung alle vorhandene Farbe entfernt werden muss..

Leinoelfinish hat sich seit mehreren hundert Jahren bewaehrt, z. B. die hoelzernen Bauernwaegen mit Holzraedern, wurden vom Wagner ca zweimal mit heissem Firnis gestrichen, dies genuegte fuer die Lebenzeit der Waegen.

Wichtig !!!! beim Arbeiten mit Natronlauge einschliesslich Auswaschen der Gefaesse und Werkzeuge unbedingt Schutbrille und Schutzhandschuhe tragen.

Die mit Leinoel getraenkten Lappen, ausgebreitet im Freien trocknen oder sofort verbrennen.


Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar
PS: Wie es in der Medizin keine Pille gibt fuer alle Krankheiten gibt es auch keinen Anstrich welcher fuer jeden Zweck verwendbar ist. Ein Finish auf Leinoelbasis ist sehr zeitaufwaendig. Die Industrie bietet heute hochqualitative Farben an fuer jeden Anspruch.
 

Sam_M

ww-kastanie
Registriert
12. Mai 2006
Beiträge
30
Ort
Raum Nürnberg
@anobium60: Du hast Recht, der Eintrag https://www.woodworker.de/forum/altes-eichen-kreuz-t25964.html ist recht ähnlich von der Fragestellung.
Da aber jeder Fall doch etwas anders liegt, hoffe ich, dass mir das Forum die Doppelfrage verzeiht.


@Ottmar: Ich hatte schon auf eine Antwort von Dir gehofft. Herzlichen Dank für die tolle ausführliche Beschreibung. Insbesondere die Säuberung werden wir nach deinen Vorschlägen weiterbetreiben.

Ich werde auch versuchen, so bald als möglich Detailphotos von den Defekten einzustellen.

Vielen Dank & Grüße
SAM
 

falkofröhlich

ww-pappel
Registriert
31. Januar 2010
Beiträge
1
Ort
Großräschen
Christusfigur

Hallo Sam

Die von Ottmar aufgeführte Variante ist ok. Nur ein kleiner Hinweis zum Abbeizen.
Nach dem Einsatz von Ätznatron die gereinigten Holzflächen unbedingt mit Essigwasser neutralisieren. Natronlauge ist hochbasisch und es könnte ohne Neutralisierung später zu unschönen Salzausblühungen kommen.

Gruß Falk
 
Oben Unten