Wie neue Griffe an Ziehmesser befestigen?

zündapp

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Hallo Holzwerker

Ich habe ein schönes altes Ziehmesser von Ian Sorby aus Sheffield. Hierzu habe ich neue Griffe aus Zwetschge gedrechselt und diese auf die spitzen Angeln des Messers gesteckt.

Der Plan war, die Spitze der Angel durch den Griff durch zu schieben, eine Unterlegscheibe unter zu legen und die Spitze um zu biegen. Nur: die Angel läßt sich nicht biegen. Überhaupt nicht.

Nachdem einer der neuen Griffe bei dem Versuch, das Ende um zu biegen, gesprungen ist, habe ich das ende der Angel im Schraubstock kurz eingespannt und mit dem Schlosserhammer versucht, zu verformen. Am Ende ist ein 5 mm langes Stück der Angel abgebrochen, ohne sich vorher zu verformen.


Jetzt bin ich ratlos. Wie bekomme ich nun die Griffe an mein Ziehmesser?

Hat hier jemand Erfahrungen?

Wie die Griffe vorher befestigt waren kann ich nicht sagen, da ich das Ziehmesser ohne Griffe gekauft habe.

Viele Grüße

Wolfgang
 

elidor

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Hallo Wolfgang:

Scheint gehärtet zu sein.
Vorher weichglühen. Einfach anheizen bis es rot glüht und dann langsam abkühlen lassen.

Oder im glühenden Zustand verbiegen und dann einkleben.
Oder rundfeilen und Gewinde draufschneiden.
Oder abschneiden und Schraube anschweißen.

Gruß elidor
 

Fiamingu

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Hallo Elidor,
ich hab gerade mal eines meiner Ziehmesser
rausgekramt. Ich kann dir auch nur die Bilder
zeigen da ich auch nicht sicher sagen kann, wie
die Griffe damals angebacht wurden. Vielleicht
kann dir jemand an Hand der Bilder sagen, wie
die Vorgehensweise ist.
 

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zündapp

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Hallo
Danke für Euren Input, ich werde wohl einen Hohlniet aus Messing oder Kupfer von oben über die Angel stülpen. den befestige ich dann mit Epoxy.
Wäre es auch denkbar, Angel und Messingniet mit Weichlot zu verbinden? Also von oben einfach Lötzinn einfließen zu lassen?


Viele Grüße

Wolfgang
 

elidor

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@mark: erstmal kalt vernieten probieren. Wenn das nicht geht nasses Tuch zum kühlen 5cm vor Ende über Angel wickeln und spitze rotglühen machen. Am besten zu zweit nassen Griff, Beilagscheibe drauf, auf Eisenplatte legen und schnell vernieten. Wenn es geht nicht abschrecken weil es sonst wieder gehärtet wird. Holzgriff die letzten Zentimeter aufbohren sonst fängt er am heißen Eisen zu verkohlen an. Youtube-Suchbegriff: hot riveting

@wolfgang: du musst den Messingniet und die Angel auf Löttemperatur (180-250°C) bringen, was sicher zum verbrennen des Holzes führt. Nur reinrinnen lassen ist kein Löten. Da kannst du das Zinn auch mit dem Hammer reinschlagen.

Lg elidor
 

Keilzink

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... früher wurden die Griffe genau so an die Angeln "genietet", wie du das versucht hast: hab selber 3 davon, bei allen dasselbe: Angeln durch den Griff gehen lassen, U-Scheibe drauf (bei den alten Messern hatten die U-Scheiben, die rund verformt waren, das kann man gut selber mit einem Rundkopfhammer oder einem rundgeschliffenen Stahl auf weicher Unterlage nachmachen). Oben schaut die Angel 2-3 mm raus, austreiben und abschleifen.
Der Trick dabei, und das hat dir elidor schon verraten: die Angel mit der Lötlampe vorher weichglühen.

Viel Erfolg: Andreas
 

zündapp

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Hallo Andreas

Noch ein paar Nachfragen hätte ich dazu:

Hast Du das schon einmal so gemacht mit dem Weichglühen?
Nur die Spitze glühen lassen oder die halbe Angel?

Ich hatte die Angelspitze ein paar Minuten über den Gasherd gehalten, aber da tat sich nichts mit Glühen.
Eigentlich müsste die Temperatur ja ausreichen, oder?

Also das Messer mit einem feuchten Lappen an der Klinge fassen und so lange in die Gaslamme halten, bis es glüht, dann sofort möglichst heiß vernieten. So?

Viele Grüße

Wolfgang
 

GertG

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Quäl Dich nicht.

Setz die mit PU-Karosseriekleber ein.
1K-PUR von Teroson z.B.

Ist nicht stilecht, aber sieht ja keiner und hält im Gegensatz zu Epoxi auch dann noch, wenn das Holz quillt oder schwindet
 

edelres

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Ziemessergriffe

Hallo Wolfgang & Forumsfreunde,

Ich habe gute Erinnerungen wie Ziehmesser geschmiedet wurden, einschliesslich befestigen der Griffe.

Ich wuchs im Hassgau/Unterfranken auf und nach dem 2. Weltkrieg wurden am Bahnhof wagonweise Papierholz verladen. Diese ca 1.5 m langen Stammstuecke wurden mittels Ziehmesser entrindet.(*)

Fuer diesen Zweck fertigte der oertliche Schmiedemeister Ziehmesser an. Die Griffe fertigte ein Drechsler aus der Gegend.

Die Griffe waren vorgebohrt im Durchmesser der Griffangel. In der Esse wurde eine Angel auf Weisglut erhitzt, der Griff aufgesteckt einschliesslich Beilagscheibe und heiss vernieted. Dann im Wasser abgeschreckt.

Die Angel brannte sich ins Holz ein.

Diesem Verfahren liegen mehrere Prinzipien zu grunde, erstens, das Griffholz verkohlt um die Angel und schuetzt diese vor dem Rosten. Zweitens durch das Abschrecken des Eisens, zieht sich dieses zusammen und presst den Griff so richtig fest auf

Als Beispiele zwei ca 100 Jahre alte Ziehmesser die Griffe bewegen sich nicht einen Millimeter nach dieser langen Zeit, bei mir lieges sie seit ca 50 Jahren in einer Kiste ohne jedwelche Pflege.

B1.jpg , B2.jpg

B3.jpg


Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar

PS: In den Nachkriegsjahren war das Geld relativ wertlos, da z. B. Lebensmittel rationiert waren und nur mittels auf eine Person begrenzte Marken gekauft werden konnten. Z. B. Fuer das Entrinden von 1 m ³ Papierholz gab es Extra Marken, dies war ein groesserer Anreiz als Reichsmark!

PPS: Ich verwende wie Pedder es schon schrieb Epoxidharz und giesse die Griffe so ein.
 

Keilzink

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Hallo Andreas

Noch ein paar Nachfragen hätte ich dazu:

Hast Du das schon einmal so gemacht mit dem Weichglühen?
Nur die Spitze glühen lassen oder die halbe Angel?

Ich hatte die Angelspitze ein paar Minuten über den Gasherd gehalten, aber da tat sich nichts mit Glühen.
Eigentlich müsste die Temperatur ja ausreichen, oder?

Also das Messer mit einem feuchten Lappen an der Klinge fassen und so lange in die Gaslamme halten, bis es glüht, dann sofort möglichst heiß vernieten. So?

Viele Grüße

Wolfgang

... hab ich, mit gutem Erfolg. Mein Messer hatte diese runden Scheiben drauf, wie auf den Bildern bei Fiamingu, wobei eine fehlte. Dafür habe ich mir eine alte gerade Scheibe mit einem Kugelhammer auf einem Stück Weichholz zurechtgekloppt - war kein Problem.
Was das Weichglühen angeht: Die Gasherdflamme bringt sicher nicht genug Hitze. Mit der Gas-Lötlampe geht das - am heissen Punkt der Flamme. Ich habe nur den letzten Zentimeter der Angel erhitzt, bis sie leicht anfing zu glühen, NICHT abschrecken. Dann sofort den neuen Griff drüber, die Scheibe muss von der Bohrung her eng sitzen, die Angel sollte nicht zu lange rausstehen - 2,3 Millimeter genügen. Die Angelschulter auf dem Ambos (oder einer harten Unterlage) abstützen und mit leichten Hammerschlägen stauchen und etwas austreiben, abkühlen lassen, handfreundlich verschleifen.
Wenn das nicht klappt, weil die Angel schon zu kurz ist, oder einfach nicht weich werden will - was ich mir bei dem Stahl, der bei alten Messern verwendet wurde aber eigentlich nicht vorstellen kann, dann ist die Lösung mit dem Pu-Kleber vom Ersatzteile-Händler sicher die zweitbeste Lösung. Das dürfte auch lange halten - kommt auch drauf an, was man damit macht. Ich werwende die Messer halt zum Zurichten von Kanteln vor dem Drechseln - da kommt schon ordentlich Zug drauf beim Arbeiten.

UND: Danke an Ottmar für die Beschreibung des Original-Vorgangs bei der Herstellung. Ich habe damals lange herumgesucht, nichts dazu gefunden und dann halt improvisiert. Das Ergebnis bei mir entspricht vom Aussehen her genau dem Original. ABER: Wie Ottmar das beschreibt, haben die damals die Angel geglüht UND nach dem Austreiben abgeschreckt, wobei der Stahl seine Härte auch in der Angel behalten hat. Bei meiner Reparatur-Methode ist die Spitze der Angel dann nur noch Baustahl - von der Härte her. Macht aber in der Praxis nicht so viel Unterschied, würde ich schätzen.

Andreas
 

zündapp

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Das erklärt einiges

Hallo liebe Holzwerker

Danke, das ist sehr informativ. Dass die vernietete Angel mit dem Griff abgeschreckt wurde erklärt, warum die Angeln bei meinem Zugmesser hart und spröde waren. Die Geschichte von Ottmar macht natürlich schon Lust, auf die originale Art zu arbeiten, wackelnde Griffe möchte ich auch nicht. mein Zugmesser ist etwa 100 Jahre alt und der Hersteller (ian Sorby) hat einen sehr guten Ruf.

Der Einsatzbereich des Zugmessers soll bei mir auch im Zurichten von Drechselholz liegen, allerdings auch im schnellen Abnehmen von Spänen bei anderen Projekten.

So, jetzt brauche ich eine Esse mit Holzkohlenfeuer, einen Amboss, oder eine große Lötlampe...oder eine Tube Epoxy und zwei Messingnieten.

Wenns fertig ist (und gut geworden), mache ich Bilder.

Danke nochmal, das waren super Infos!

Wolfgang
 
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