Wie haben die das gemacht?

dascello

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Liebe Woodworkers,

ich habe so die Angewohnheit, während der Arbeit an dem einen Projekt schon an das nächste zu denken. Hier also eine Frage, die für mich in die Zukunft weist.
Mein nächstes Cembalo soll der Nachbau eines Instruments von 1640 werden. Bau und Konstruktion dieser Instrumente selbst sind in vielen Publikationen (von 1580 bis heute) beschrieben, die Verfahren sind mir also bekannt.

Unklar ist mir die Konstruktion des Deckels, denn darauf geht niemand ein.

Heute macht man das aus MDF, kein Problem, aber ich bin ehrgeizig und will auch den Deckel so machen wie früher.

Also: Das Ding ist mit Ölfarbe bemalt (übrigens von Peter Paul Rubens), außen mit chinesischer Lackmalerei, zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich 1756.
Der Deckel ist aus Holz, wahrscheinlich Pappel oder Linde.
Irgendwie ist der in Rahmen-und-Füllung-Konstruktion gemacht, nur wie?
Ich stand davor, Latexhandschuhe an, und durfte aus nächster Nahe alles begutachten. Trotzdem ist mir nicht klar, wie das konstruiert ist, ohne dass das reißt, auch in 350 Jahren nicht. Von außen betrachtet, erscheint er etwas konvex (oben im zweiten Bild zu erkennen), von innen ist das aufgrund des Ölbilds nicht auszumachen. Eine gerade Dachlatte drauflegen wollte ich dann doch nicht.

Die letzte Schicht vor dem Malen ist wohl Kreidegrund, also Gesso.

Aber wie könnte der zweiteilige Deckel selbst aufgebaut sein?

Wie sind alte Ölbilder auf Holztafeln schreinerisch konstruiert?

Mein Nachbau soll auch bemalt werden. Da die Rubens-Werkstatt aber mittlerweile geschlossen wurde, muss ich mir wohl einen anderen Maler suchen....


Gruß vom Rhein


Michael
 

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dascello

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Der Außendeckel (zweites Bild) ist ja die Rückseite. Die ist etwas gewölbt, aber ansonsten glatt. Keine Rahmenkonstruktion zu erkennen, auch keine Risse oder Spalten.

Dicke etwa 10 -11 mm

Und dann die Scharniere: Aufgenagelt und halten immer noch.....


Gruß

Michael
 

TinaRestauro

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Frag mal beim gnm (Abteilung Musikinstrumente) in Nürnberg nach:

GNM - Institut für Kunsttechnik und Konservierung

Holztafelgemälde sind verschieden im Aufbau. Sie können einfach stumpf verleimte Bretter (Tafeln) sein, die geübelt sind. Aber sowas lässt sich meistens nur durch eine Röntgenuntersuchung feststellen.
Die Roentgenmanufaktur hatte z.b. oft bei geraden Platten (die auch heute noch gerade sind) eine Art "Parkettaufbau" mit quaratischen Brettern, die im Faserverlauf gegenläufig angeordnet sind und mit Blinfurnier abgesperrt worden sind
 

elgarlopin

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Hallo michael,

als ich deine Bilder sah, geriet ich ins Träumen...
Du erinnerst dich vielleicht daran, dass ich dir mal von meinem (Baukasten)-Cembalo geschrieben habe?
Und jetzt ein solches Instrument originalgetreu nachbauen! Bückling und "chapeau"!
Hast du die Aufnahmen in einem Museum gemacht oder aus einem Buch?
Oder steht das Stück etwa in einem Privathaus?
So wie das aussieht, müsste es doch darüber bestimmt irgendwo Literatur geben!
Wenn im Museum, gubt es dort doch sicher Ansprechpartner. Aber das weisst du ja auch selber.
Ich bin unheimlich gespannt, sowohl auf dein neues Projekt, wie auch auf deine Forschungsergebnisse in Bezug auf die Konstruktion des Deckels (hier auch die Bemalung und die Befestigung der Scharniere - Nägel? Kann ich mir auch mit viel Fantasie nicht vorstellen).
Also: Lass uns unbedingt Neues wissen!

Franz
 

dascello

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Lieber Franz,

stell Dir vor, das Instrument steht in einer privaten Wohnung. Es ist in Händen eines mit mir befreundeten Cembalisten, der im Auftrag der besitzenden Erbengemeinschaft alles tut, um das Instrument topfit zu halten. Wo genau, das soll ich nicht sagen, aus verständlichen Gründen. Ich konnte auch daruf spielen, so kam ich zum Träumen.....
Ein Original-Ruckers ist was wie eine Stradivari, nur viiiiiel seltener.

Aber mit dem Nachbau lasse ich mir noch viel Zeit, wird sozusagen mein Schwanengesang.

Ich muss nochmal hinfahren und genauer hinsehen. Vielleicht komme ich auf das Geheimnis des Deckels. Ist schon spannend, auch für uns "Ottonormalschreiner".


Gruß vom Rhein


Michael
 

dascello

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@Tina: es gab im Barock wohl kaum eine "Firma" die more sophisticated war als die Roentgens.
Dagegen waren die Ruckers in Flandern biedere Handwerker. So was wie du beschreibst, das kam denen nicht in den Sinn.
Aber Nürnberg kontaktieren, das werde ich. Da steht zwar kein Ruckers im Originalzustand, aber trotzdem.

Colmar könnte gehen oder Edinburgh, da gibt es so was.......


Gruß

Michael
 

Eurippon

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Gabs damals denn schon Schichtverleimungen/Absperrtechnik? Vielleicht ist die Füllung aus einer Art Multiplex? Im Spannagel gibts die Schichtverleimung aus Starkfurnieren oder Massivlagen als traditionelle Technik. Wäre interessant zu wissen obs damals auch schon bekannt war....
 

TinaRestauro

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Woher willst du das wissen dass die kein solches (oder ähnliches) Instrument haben. Das Depot des gnm ist unheimlich groß....
 

dascello

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Liebe Tina,

der Verbleib aller bekannten Ruckers-Instrumente ist dokumentiert. Zudem waren diese Teile im achtzehnten Jahrhundert sehr begehrt unter Pariser Meistern, die die Instrumente, deren außerordentlichen Klangqualitäten bekannt waren, als "Instrument du grand ravalement", also als "vergrößertes" Instrument unter dem eigenen Namen oder als Ruckers wieder an den Mann zu bringen. Hierbei wurden dann fast immer neue Deckel angefertigt, da die alten zu klein waren. Deshalb sind unveränderte Originalinstrumente wie das gezeigte so selten - leider.

Das Ganze ist ein sehr komplexes, aber auch spannendes Thema, das hier aber zu sehr off-topic ist.


Gruß vom Rhein


Michael

P.S.: Was restaurierst Du denn so? In welchen Techniken?
 
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