Wert meines Schrankes???

bluemchen

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Hallo liebe Leute!!!

Verfolge jetzt schon länger eure Beiträge ohne hier angemeldet zu sein, und bin begeistert.
Jetzt brauche ich mal eure Hilfe!
Habe einen Schrank und weiß das er von einem Gutshof stammt, in meinem Besitz ist er jetzt 35 Jahre unrestauriert.
Von innen ist er in dicker Eiche, von außen mit Kirsche Echtholz funiert, er ist verzapft ohne jede Schraube, das Oberteil und das Unterteil sind an einem Stück, alles massive Eiche.
Hänge mal Fotos an!!!!
Hoffe ihr könnt mir weiter helfen......wie Alt mag er wohl sein.?
Der obere Kranz ist handgenschnitzt.
In dem Schrank hängt eine Todesanzeige von 1866.

Vielen Dank schonmal im voraus

Lg
Das Bluemchen
 

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welaloba

ww-robinie
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Hallo, dein Schrank dürfte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen. Biedermeierzeit mit letzten Empireeinflüssen. (Kann sein, dafür krieg ich was auf die Ohren)
Sieht aus wie in den 1910er - 1920er Jahren (oder auch noch viel später) mal restauriert - siehe die Schilder. Die können halt auch von einem viel späteren Verbrecher -sorry- Verunstalter stammen. Den Säulen auf den Seitenteilen scheint oben und unten je eine Platte zu fehlen, das sieht so ziemlich ungewohnt aus.
Der blaue Anstrich sieht original aus. Der Riegel lässt ebenfalls auf 1. Hälfte 19. Jahrhundert schließen. Der verblasste Lack sieht aus wie 1970 er Jahre Nitrolack. Kann aber auch an den Fotos liegen. Der Lack mit entsprechender vorangegangener Schleifarbeit dürfte den Wert des Möbels ziemlich mindern.
Was den Handelswert angeht, kann ich nach den Fotos nicht viel sagen. Nur so viel: Der Wert richtet sich nach dem, was der wildeste Liebhaber des Möbels zu zahlen bereit ist.
Gruß Werner
 

bluemchen

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Hallo Werner! Ich danke dir schonmal für deine deutlichen Worte.....und bin gespannt ob noch mehr Meinungen kommen.

Lg
Andrea
 

Keilzink

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Hallo, dein Schrank dürfte aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen. Biedermeierzeit mit letzten Empireeinflüssen. (Kann sein, dafür krieg ich was auf die Ohren)

... jedenfalls nicht von mir, das scheint mir schlüssig, das würde ich genau so sehen.
Schönes Teil, für das es sicher auch einen Markt gibt - aber der Wert hängt jetzt davon ab, womit bei der letzten "Restaurierung" die Oberfläche hergestellt wurde. Also alles in allem kann ich das, was Werner geschrieben hat, aus meiner (bescheidenen) Sicht nur bestätigen.

Andreas
 

bluemchen

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....ich muß jetzt echt mal lachen.....habe die ganzen Jahre immer gedacht ich hätte etwas besonders hier stehen.....für mich war es so!
Verstehe es aber jetzt wenn ihr sagt.....der Wert richtet sich nach dem Liebhaber eines Stückes!
Durch Umzug muß er weichen, deshalb für mich wichtige Informationen von euch...

Vielen Dank
Andrea
 

had

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Hallo,
sieht mir eher wie Ahorn oder evtl.Birke aus,was den Lack angeht,ist ohne direktes Betrachten und Anfassen b.z.w. Lösemittel- und sonstige Tests alles Mutmassung.So hell wie das Holz aussieht wurde wohl etwas gemacht,kann aber täuschen. Gibt es unter der Oberfläche sichtbare Bearbeitungsspuren(Schwing/Exzenterschleiferkringel)?Vielleicht ist doch noch eine alte Oberfläche da.Mit Abschleifen minderst du in der Regel den Wert des Objekts.
Die Qualität des Schrankes ist m.E. hoch. Die Preise für solche bürgerlichen Biedermeiermöbel sind zur Zeit aber nicht so exorbitant wie schon gewesen. Marktwert geschätzte 300bis 1500 €,bin aber kein Händler.Beim Schreiner bekommst Du für das Geld keinesfalls etwas auch nur annähernd vergleichbares.
Die Innenausmalung ist schön,schaut authentisch aus.Nicht abnehmen!
Schätze die Entstehungszeit auf 1820/30.Hast du Bilder von Rück- und vielleicht auch Unterseite?
Gruss
Helmut
 

bluemchen

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....von der Unterseit habe ich keine Bilder, die Rückseite ist aus 2 dicken Eichenplatten die in der Mitte zusammen stoßen, habe jetzt gerade nur ein Foto von innen
 

Sägenbremser

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Guten Abend Blümchen
zum Beitrag von Dirk kann ich jetzt nichts sagen, die angegebene Seite ist doch recht
ansprechend gestaltet und bringt mich durchaus dazu, mit Motorrad und Pudel im
Beiwagen, einmal dort vorbei zu schauen und die Qualität der Backwaren auszuprobieren.

Zum dargestellten Möbel fallen mir aber doch meine Jugendsünden wieder ein. Bevor ich
den ehrenwerten Handwerksberuf des Tischlers erlehrnte, habe ich einige Jahre mit der
Aufarbeitung von alten Möbeln zugebracht. Unser Hauptauftragsgeber in den 70er Jahren
war ein renommierter Antiquitätenhandler aus dem Raum Hamburg, dessen Interesse an
Art-Deco Möbeln zunehmend dazu führte, daß sich in unseren Lagern immer mehr nicht
so ganz zuzuordnende Möbelteile/Möbel anhäuften. Damals wurden Möbel von der Insel
in Containerlosgrössen gehandelt. Irgendwann fingen wir an aus dem "Sperrmüll" einige
recht ansehnliche Stücke zusammenzustellen. Neudeutsch wird dafür der angelsächsische
Ausdruck " married" denke ich verwendet. Bei dem von dir vorgestelltem Möbel ist der
Unterbau und die Seitenteile durchaus stimmig, na ja die Beinchen sind gewöhnungswert.
Ab da stimmen aber die Proportionen und Dimensionierungen nicht mehr wirklich. Der
Übergang von Säulen in das Kranzteil ist nicht wirklich gelungen. Die Türen sind hübsch
gemacht, aber etwas zu einfach für ein Möbel aus dem frühen 18.Jahrhundert. Denke
da auch das Furnierbild nicht wirklich zum oberen Kranzteil passt, sind sie in den 70ern
dazu passend gemacht worden. Der obere Abschluss , ein im angelsächsischem als
"Fence" bezeichnetes Gesims, wird auch heute noch als Ergänzungteil so angeboten.
Passt auch nicht wirklich zur eher schlichten Ausführung des Möbels. Der absolute
Hinkucker ist die "Todesanzeige". Haben wir auch immer wieder gerne eingesetzt, aber
nie so platt auf eine Tür getackert. So etwas lanciert man dezent unter eine Einlegebodenbeklebung, damit der "Entdecker" seine heimliche Freude empfindet, den
Verkäufer richtig geleimt zu haben. Trotzdem hast du da ein hübsches Möbelstück im
Haus, das sich für den zu erzielenden Preis, heute nicht mehr so herstellen liesse.
Behalte es doch einfach, erspart dir evtl. unangenehme Fragen nach dem Verkauf.
Liebe Grüsse aus Köln,Harald.
 

bluemchen

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Einen wunderschöenen guten Morgen!

Ich habe den Schrank damals vor der Motorsäge gerettet und irgendwie ist er mir ans Herz gewachsen.....
Bevor ich solche Fragen beantworten muß beim Verkauf, ist ja der Hammer was da alles nicht zusammen passen soll.
Er bleibt dann doch in meinem Besitz!!!

Ja es läßt sich zurück verfolgen wo der Schrank herkommt, danke für die aufmerksamen Kollegen hier....und ja es lohnt sich ein Besuch mit dem Motorrad im Cafe.

Einen fleißigen Tag wünsche ich

Lg
Andrea
 

Keilzink

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... Andrea: Du hast da durchaus was Besonderes, aus meiner Sicht jedenfalls. Und verglichen mit dem, was so überhaupt auf den Marks kommt, sowieso. Es ist ganz einfach: Entweder dir sagen solche Möbel was, dann haben sie einen nicht bezifferbaren ideellen Wert - für den Besitzer. Oder eben nicht ...

Ich halte das durchaus für Kirschbaum - so sieht Kirschbaum aus, der angeschliffen und dann "konserviert wurde. Ich habe hier einen Damensekretär stehen, dem vor etwa 30 Jahren, in der "modernen" Zeit ein DD-Lack verpasst wurde - per Spritze. Den könnte man sofort neben diesen Schrank stellen, und da wäre im Ton kaum ein Unterschied.

Für eine Marriage halte ich den Schrank nicht - das ist halt so ein Teil im Stilübergang - Biedermeier mit Empir-Elementen. Dazu passen die Säulen und auch der Kranz - aber festlegen würde ich mich erst, wenn ich im selben Raum mit dem Möbel wäre - dann entscheidet die Konstruktion, würde ich sagen.
Warum Harald an eine Marriage denkt - mir ging es im erstem Moment auch so, vor allem, wegen der Fehlstellen auf und unter den Säulen. Aber ich glaube eher, dass dort Bronzen sassen, die man nach der "Aufarbeitung" aus irgendeinem Grund nicht mehr eingesetzt hat. Wenn es eine Marriage wäre, dann hätte man genau dort nicht schlampig werden dürfen ... fällt doch sonst viel zu schnell auf.

Auf jeden Fall aber ein schönes Stück zum Wiederherstellen - und wenn es doch eine Marriage sein sollte, dann wenigstens keine, die einen auf den Ersten Blick anspringt und eine, die "gut gemacht" ist - wenn man das überhaupt so sagen darf.
Und: Die Todesanzeige stinkt schon etwas, da hat Harald sicher recht.

Andreas
 

TinaRestauro

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Eine Mariage kann ich da beim besten Willen (anhand der Fotos) nicht erkennen. Eine seriöse Einschätzung des Möbels kann nur vor Ort erfolgen. Aussderm gibt es ein sog. 2. Biedermeier. Die Möbel lassen sich von echten (Früh-)Biedermeiermöbeln anhand von Fotos fast nie unterscheiden.

Die Türen sind hübsch
gemacht, aber etwas zu einfach für ein Möbel aus dem frühen 18.Jahrhundert.
Entweder wars ein Schreibfehler oder Unwissenheit. Das Frühe 18. Jahrhundert ist für mich 1700-1715/20... Der Rest des Beitrags von Harald ist reine Spekulation. Nichts für Ungut...
 

had

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Hallo Andrea,
schraub doch mal die grausigen Schlüsselschilder ab und schau was du findest;eigentlich müssten eingelegte Schlüsselschilder vorhanden sein,oval,rauten-oder schildförmig.Lass dich nicht beirren,der Schrank ist sehr gut,nix Marriage o.äh.Wenn man genau guckt erkennt man den Ahorn, Kirsche ist anders.Ich glaube auch nicht dass die Oberfläche Spritzlack ist,der Zustand der Türen innen spricht dagegen.Muss man wie gesagt letzlich sehen und auch dann bewegt man sich auf unsicherem Grund.
@Tinarestauro: Findest du nicht dass der Zustand innen gegen die zweite Zeit spricht?
 

Ole Welzel

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Historismus - Neorenaissance

Liebe Andrea,

Die äußere Gestaltung ist typisch für den Historismus, genauer Neorenaissance.
Diese Möbel wurden -je nach Region und Kunden- zwischen 1830 und 1890 so gebaut (manche auch noch danach).

Die Oberfläche ist dann gewachst oder mit Schelllack behandelt (alkohollöslich).

Die beginnende Industrialisierung sieht man an Blindflächen: das typische Wellenschlagprofil der Maschinenfertigung.

Maschinen ermöglichten Zierprofile (Balustrenstäbe und Ornamente) als Meterware (alle haben exakt das gleiche Maß).

Seit 1821 konnte Furnier maschinell hergestellt werden.
Beschläge haben oft goldgefärbten Zinkguss statt teurer Goldbronze.

Herzlichst

Ole Welzel
 

Ole Welzel

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Nachtrag

... aber innen ist es gruselig, vor allem die Farbe (nachträglich!).

Richtig ist: Die Einlegeböden sind über Rastenleisten höhenverstellbar, dennoch scheinen mir diese genau so erneuert worden zu sein wie der Einlegeboden.

Der Schrankaufhänger ist ebenfalls typisch.

Möbel danach wurden durch Arts&Crafts beeinflusst danach anders gestaltet: Schmidt-Hellerau und Richard Riemerschmidt (Dresdner Werkstätten -> Deutscher Werkbund) entwickelten moderat modernere Formen).

Biedermeier, Art Déco und was sonst noch genannt wurde hat ganz andere Formen entwickelt: Hier ging es um (völlig ungenauen) den Rückgriff auf frühe Epochen.

Häuser aus dieser Zeit sind oft aus Backstein mit Türmchen und Bögen (z.B. alte Schulen) die tw. auch an die Gotik erinnern (Neugotik).
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
Entschuldigung wenn ich so loslege: es ist bereits unsäglich viel Unsinn gepostet worden zu diesem Schrank! Vor allem offenkundige Laien tun sich hier hervor mit wildesten Vermutungen in Richtung Mariage, zweites Biedermeier, Arts and Crafts, Fälschung um 1900 oder aus dem Sperrmüll zusammengestoppelt, Ahorn oder Birke als Holzart, Sägefurnier gibts ab 1821 maschinell gesägt....es ist einfach nur schlimm.

Einzig Welaloba liegt m. E. ganz richtig mit seiner generellen Einschätzung.

Das Möbel ist aufgrund seiner Gestaltung typisch in Form und Format von Rheinland bis nach Hessen einzuordnen, um 1800 - 1820, Kirsche auf Nadelholz oder Eiche furniert- das geben die Fotos nicht genauer her. Der Übergang vom französisch dominierten Empire im Rheinland zum bürgerlichen Biedermeier lässt sich gut an den Säulen, dem angedeuteten Schlusstein im Segmentbogen der Türen erkennen. Was die Fotos sehr gut zeigen ist z. B., dass die Türen innen mit dickem Sägefurnier gegenfurniert sind, das dritte Foto zeigt bestens die aufgelöste Querverleimung des dicken Blindfurniers auf dem oberen Rahmenquerholz.

Die blaue Farbe ist absolut typisch für die Zeit um 1860, die Todesanzeige passt genau dazu. Zu dieser Zeit ist der Schrank wohl mal überarbeitet und dabei innen blau gestrichen worden, solche Farbe gab es aber auch schon um 1820.

Die helle und verblasste Farbe auf dem Kirschfurnier ist typisch für eine unbedarfte 70er- bis 80er-Jahre-"Restaurierung" mit einem modernen (Nitro-?)-Lack. Da ist nix mit Birke oder Ahorn, das sieht man deutlich. Auch die nicht mit den Türen rapportierende Furnierung des Kopfes ist typisch für diese Schränke. Bei dieser vergeigten Überarbeitung sind wohl auch die rundum laufenden Leisten schwarz gefärbt worden, sowas wurde gern gemacht, ist nach meiner Erfahrung meist aber nicht Original.

Ansonsten sind bis auf die späteren Beschläge (um 1920?) und die Einbauten innen alle mir sichtbaren Details original, an den Säulen fehlen einige Kapitellklötze, die Füße sind so absolut richtig und anscheinend original, was für Eiche als Blindholz spräche. Es fehlen nur die quer verlaufenden feinen Profile dort. Auch die Galerie könnte original sein, genau sowas gabs zu der Zeit als oberen Abschluss.

Insgesamt ein recht gut und original erhaltenes Möbel, das noch vor 20 Jahren 10.000 bis 15.000 Mark gekostet hat, heute leicht für 750 - 1200 € auf einer Auktion zu kaufen ist. Da würde ich auch den gemeinen Wert großzügig ansiedeln.
Hier, hier und hier findest du formal änliche Schränke.

Behalte den Schrank einfach, bei Gelegenheit lass den scheusslichen Lack entfernen und ihn von einem vernünftigen Restaurator schellackpolieren, du wirst den Schrank nicht wiedererkennen, so sehr wird er warm und mit schöner Farbe strahlen. Ich habe mal eine seeeehr ähnlichenSchrank poliert, ich kann mich gut erinnern...

Und eins zum Schluss: mach besser gar nichts an der Oberfläche als irgendwas selbst gefriemeltes, das wird eh nichts- Möbelpolierer war mal ein Lehrberuf, das kann man nicht mal eben so nachmachen.
 

Ole Welzel

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Historismus\Neorenaissance- dabei bleibe ich

In der Spanne der möglichen Baujahre kommen wir ja schon zusammen.
Das das ein sehr schönes Möbel ist, sind wir uns ebenfalls einig.

Auch wenn die Zeit schon vorbei war, wurden auch im Rheinland tatsächlich noch à la "französisch dominiertes Empire" und Biedermeier gebaut, aber:

Empire (wie von François Honoré, Jacob Desmalter (Sohn von Georges Jacob), Jean-Baptiste Demay, Bernhard Molitor, Bronzen von Pierre-Philippe Thomire) hatte aufgesetzte Bronzen an den Säulen, Türfüllungen z.B. tw. eingelegten Rankenbändern oder Lyra, ansonsten Putten [Kinderfiguren schlanker als Barock, mit allegorischer) Bedeutung], Adler, Löwenköpfe, Schwäne, Sphinxköpfe, Biene, Palmette, Lyra.

Für Empire ist der Schrank zu schlicht, zu unfranzösisch.

Biedermeier verwendete in der Tat oft eher heimische Hölzer, es fehlen aber auch hier die typischen Ziermotive: Schwäne, Delphine, Füllhörner, Volutenschnecken.
Ab 1820 gab es aus Messingblech gepresste Zierbeschläge.
Stilistisch griff das Biedermeier auf klassische (griechisch-antike) Motive zurück oder (schon im Vorgriff zu Historismus\Neugotik) auf [Restauration/Vormärz] mittelalterliche Motive: „Troubadour“ oder „à la cathédrale“.

Die Proportion der beiden Säulen am Schrank ist für diese Epochen ebenso untypisch wie das Balustrengeländer oben.

Mit meinen Anmerkungen zu technologischen Details würde ich aber als weiteres zunächst mal untersuchen, woraus und wie die Beschläge gefertigt sind und wie die Säulen und Balustren (Geländerstäbe) gefertigt sind.

Ich denke, da reichen keine Bilder, da sind wir uns bestimmt auch einig.
 

welaloba

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Jetzt ganz langsam das Hähnchen wieder zudrehen.
Gruß Werner


In der Spanne der möglichen Baujahre kommen wir ja schon zusammen.
Das das ein sehr schönes Möbel ist, sind wir uns ebenfalls einig.

Auch wenn die Zeit schon vorbei war, wurden auch im Rheinland tatsächlich noch à la "französisch dominiertes Empire" und Biedermeier gebaut, aber:

Empire (wie von François Honoré, Jacob Desmalter (Sohn von Georges Jacob), Jean-Baptiste Demay, Bernhard Molitor, Bronzen von Pierre-Philippe Thomire) hatte aufgesetzte Bronzen an den Säulen, Türfüllungen z.B. tw. eingelegten Rankenbändern oder Lyra, ansonsten Putten [Kinderfiguren schlanker als Barock, mit allegorischer) Bedeutung], Adler, Löwenköpfe, Schwäne, Sphinxköpfe, Biene, Palmette, Lyra.

Für Empire ist der Schrank zu schlicht, zu unfranzösisch.

Biedermeier verwendete in der Tat oft eher heimische Hölzer, es fehlen aber auch hier die typischen Ziermotive: Schwäne, Delphine, Füllhörner, Volutenschnecken.
Ab 1820 gab es aus Messingblech gepresste Zierbeschläge.
Stilistisch griff das Biedermeier auf klassische (griechisch-antike) Motive zurück oder (schon im Vorgriff zu HistorismusNeugotik) auf [Restauration/Vormärz] mittelalterliche Motive: „Troubadour“ oder „à la cathédrale“.

Die Proportion der beiden Säulen am Schrank ist für diese Epochen ebenso untypisch wie das Balustrengeländer oben.

Mit meinen Anmerkungen zu technologischen Details würde ich aber als weiteres zunächst mal untersuchen, woraus und wie die Beschläge gefertigt sind und wie die Säulen und Balustren (Geländerstäbe) gefertigt sind.

Ich denke, da reichen keine Bilder, da sind wir uns bestimmt auch einig.
 

Ole Welzel

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bin eben nicht deftig sondern wissenschaftlich. :emoji_wink:

Weder verdamme ich pauschal noch habe ich behauptet, es sei Arts and Crafts.
Vielmehr habe ich Merkmale von anderen Epochen abgegrenzt.

Deshalb bleibe ich bei Historismus und empfehle, sorgfältiger zu lesen.

Aber wenn das Hähnchen fertig ist .....Appetit hätte ich gerade.


Ps.: Die Schlüsselschilder sehen in der Tat jünger aus, so nach "Deutsche Hausgeräte" 1910er jahre.
Beim Lack kann es am Foto liegen, aber der glänzt zu sehr.
Die Bildbeispiele "Hier, hier und hier" sind mir nicht schlüssig in vielen Details.
 

Mathis

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Im Dorf in 'ner Stadt
..auch ich habe selten solch ein deftiges, inhaltsleeres und nebulöses Geschwurbel zu einem so konkreten Thema vernommen...

Oder hat da jemand was geraucht?
 

Keilzink

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Entschuldigung wenn ich so loslege: es ist bereits unsäglich viel Unsinn gepostet worden zu diesem Schrank! Vor allem offenkundige Laien tun sich hier hervor mit wildesten Vermutungen in Richtung Mariage, zweites Biedermeier, Arts and Crafts, Fälschung um 1900 oder aus dem Sperrmüll zusammengestoppelt, Ahorn oder Birke als Holzart, Sägefurnier gibts ab 1821 maschinell gesägt....es ist einfach nur schlimm.

Einzig Welaloba liegt m. E. ganz richtig mit seiner generellen Einschätzung.

Das Möbel ist aufgrund seiner Gestaltung typisch in Form und Format von Rheinland bis nach Hessen einzuordnen, um 1800 - 1820, Kirsche auf Nadelholz oder Eiche furniert- das geben die Fotos nicht genauer her. Der Übergang vom französisch dominierten Empire im Rheinland zum bürgerlichen Biedermeier lässt sich gut an den Säulen, dem angedeuteten Schlusstein im Segmentbogen der Türen erkennen. Was die Fotos sehr gut zeigen ist z. B., dass die Türen innen mit dickem Sägefurnier gegenfurniert sind, das dritte Foto zeigt bestens die aufgelöste Querverleimung des dicken Blindfurniers auf dem oberen Rahmenquerholz.

Die blaue Farbe ist absolut typisch für die Zeit um 1860, die Todesanzeige passt genau dazu. Zu dieser Zeit ist der Schrank wohl mal überarbeitet und dabei innen blau gestrichen worden, solche Farbe gab es aber auch schon um 1820.

Die helle und verblasste Farbe auf dem Kirschfurnier ist typisch für eine unbedarfte 70er- bis 80er-Jahre-"Restaurierung" mit einem modernen (Nitro-?)-Lack. Da ist nix mit Birke oder Ahorn, das sieht man deutlich. Auch die nicht mit den Türen rapportierende Furnierung des Kopfes ist typisch für diese Schränke. Bei dieser vergeigten Überarbeitung sind wohl auch die rundum laufenden Leisten schwarz gefärbt worden, sowas wurde gern gemacht, ist nach meiner Erfahrung meist aber nicht Original.

Ansonsten sind bis auf die späteren Beschläge (um 1920?) und die Einbauten innen alle mir sichtbaren Details original, an den Säulen fehlen einige Kapitellklötze, die Füße sind so absolut richtig und anscheinend original, was für Eiche als Blindholz spräche. Es fehlen nur die quer verlaufenden feinen Profile dort. Auch die Galerie könnte original sein, genau sowas gabs zu der Zeit als oberen Abschluss.

Insgesamt ein recht gut und original erhaltenes Möbel, das noch vor 20 Jahren 10.000 bis 15.000 Mark gekostet hat, heute leicht für 750 - 1200 € auf einer Auktion zu kaufen ist. Da würde ich auch den gemeinen Wert großzügig ansiedeln.
Hier, hier und hier findest du formal änliche Schränke.

Behalte den Schrank einfach, bei Gelegenheit lass den scheusslichen Lack entfernen und ihn von einem vernünftigen Restaurator schellackpolieren, du wirst den Schrank nicht wiedererkennen, so sehr wird er warm und mit schöner Farbe strahlen. Ich habe mal eine seeeehr ähnlichenSchrank poliert, ich kann mich gut erinnern...

Und eins zum Schluss: mach besser gar nichts an der Oberfläche als irgendwas selbst gefriemeltes, das wird eh nichts- Möbelpolierer war mal ein Lehrberuf, das kann man nicht mal eben so nachmachen.


... Danke. Nicht für Art und Stil deiner Antwort, aber für den Inhalt.

Andreas
 
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