Schwindmaßstab?

Keilzink

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... mir ist heute was "nettes" passiert: Vor ein, zwei Wochen hab ich auf einem Flohmarkt nach alten Werkzeug gesucht, hab auch was schönes gefunden und an einem Stand lag dann noch ein alter 30 cm Stahlmaßstab rum. Hab ich zwar, in mehreren Längen, aber der hatte so schöne gravierte altmodische Ziffern - und er sollte nur einen Euro kosten - also hab ich ihn eingepackt.
Heute in der Werkstatt wollte ich was nachmessen, und dabei ist mir dieser Maßstab in die Hand gekommen. Ich wusste, das müssen ziemlich genau 100 mm sein - aber der Maßstab zeigt 98,5 mm an. Hab ich mich so vermessen? so schlampig gearbeitet?
Weil es um den Abstand einer Fräsung zum Rand ging, habe ich den Messschieber genommen und nochmal nachgemessen: Ganz genau 100 mm. Ich dachte, das gibts doch nicht, halte den Messschieber an den alten Maßstab: 98,5 mm.
Unglaublich, dachte ich, das hast du jetzt von deinem alten Werkzeug - ein falsches Metermaß! Der Fehler setzte sich allerdings kontinuierlich und genau fort: Bei 200 mm war die Abweichung schon bei 3 Millimeter. Als ich mir den alten Maßstab noch mal genau anschaue, sehe ich eine kleine Gravur: "Schwind-Mass 1,5%".
Also habe ich gegoogelt, erst ohne viel Erfolg. Zum Schluss bin ich dann in einer uralten "Fachkunde für Maschinenbauerklassen an gewerblichen Berufsschulen" gelandet:
Ein Schwindmaßstab wurde von Modellschreinern verwendet, die Holzmodellle für den Metallguss herstellten. Da das Metall beim Abkühlen schrumpft, muss das Modell um genau diesen Faktor größer gebaut werden. Um den Tischlern die laufende Rechnerei zu ersparen, wurden für verschieden Metalle mit unterschiedlichen "Schwindmaßen" verschieden Maßstäbe hergestellt. Meines, mit 1,5 % Schwindmaß, bezieht sich auf Messingguss.

Das hätte natürlich auch ganz anders ablaufen können: letzte Woche habe ich an einem Bücherschrank einen halben Tag lang Fräsungen eingezeichnet und gefräst. Wenn ich da diesen Schindsüchtigen Maßstab verwendet hätte, wäre Material für 200 Euro den Bach runter gegangen.
Da hab ich noch mal Glück gehabt!

Wünsche ein schönes Wochenende!
Andreas
 

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Ja es gibt Sachen für die Mann nie eine Verwendung haben wird
Aber die Mann unbedingt haben muss


Gruß

Joachim
 

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Daniboy

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Sicher ein Aha-Erlebnis. So nebenbei erwähnt: Modelltischlerei ist auch heute noch Teil der Ausbildung zum Maschinenbau-Ingenieur.
 

Keilzink

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Joachim

Hallo Joachim!

So isses! Und du hast den passenden Messschieber dazu! 1,5 % bezieht sich - wie bei mir - auf Messing, 2,0% ist Stahlguss.
Ich habe übrigends zwei englische Nuthobel gekauft, einen wieder verkauft, den zweiten (050) gerichtet. Viel damit rumprobiert und geübt, um dann 12 lfm altmodische Nut&Federbretter damit zu hobeln, die ich für die "Restaurierung" einer alten Holzdecke brauche. Ich habe ein paar Aufnahmen davon gemacht, stelle das nächstens mal ins Forum. Der Hobel ist toll, wenn man mal kapiert hat, wie er behandelt werden will, die HSS-Messer sind Spitze.

Dani: Ja, hat mich nachdenklich gemacht. Wegen sowas Geld rauszuschmeissen ist keine Option. Man hat halt nie ausgelernt und darf nie etwas als gegeben nehmen.

Andreas
 
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