rot gebeiztes Holz (Gitarrenkorpus) färbt ab!

WolfgangT

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Hallo!

Ich habe kürzlich mein neuestes Gitarrenbau-Projekt fertiggestellt und bin äußerst zufrieden mit dem Ergebnis, nur leider habe ich feststellen müssen, daß der Korpus (Mahagoni), den ich mit Wasserbeize rot gefärbt und anschließend mit Osmo Hartwachsöl behandelt habe, abfärbt. Ich habe zwischenzeitlich bestimmt 8 Lagen
nachge-Hartwachsölt ( :emoji_slight_smile: und trotzdem kommt noch Farbe durch. Also ein Gitarre
spielen mit heller Kleidung ist so nicht möglich.
Jetzt hätte ich die Möglichkeiten...
1.: noch mal 10 Lagen draufzuklatschen oder
2.: nur noch in schwarz oder rot zu spielen oder
3.: das Hartwachsöl wieder abzutragen. Da sehe ich aber das Problem, daß die ja hauchdünne rote Beizschicht auch in Mitleidenschaft gezogen wird und daß ein
neu beizen und vllt. generell eine andere Endbehandlung (Lackierung o.ä.) wegen
des in das Holz eingezogenen Hartwachsöls schwierig wird.

Wie sagen die Franzosen so schön? "Malheur de kack".

Was würde ein Profi in so einem Fall tun? Übrigens habe ich schon eine Gitarre
in gleicher Weise (Beize dann Hartwachsöl) behandelt und absolut keine Probleme
damit gehabt. Liegt es vllt. an dem Rot?

Vielen Dank! ♪♪
 

WinfriedM

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Grundsätzlich gilt, dass viele Wasserbeizen gar nicht für geölte Flächen geeignet sind, weil sie wasserlöslich bleiben und Öl diffusionsoffen ist.

Wenn du das irgendwie in den Griff bekommen willst, helfen nur Beschichtungsmittel, die relativ diffusionsdicht werden. Und da ist Osmo Hartwachsöl schon genau die richtige Wahl. Du brauchst aber eine gewisse Schichtdicke. Da wäre jetzt die Frage, wie du es verarbeitest.
 

WolfgangT

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Hallo.
Cool - bist Du der Typ von der reintechnisch-Seite? Die hab ich als Favoriten gespeichert, weil sehr informativ!

Also wie es jetzt weitergeht - da bin ich noch sehr unentschlossen. Meinst Du, mit
noch ein paar Lagen Osmo wäre das Problem in den Griff zu kriegen? Ich habe
bloß Angst, daß die Schichtdicke irgendwann zu dick wird und es evtl. zu schmieren
anfängt.
Es ist auch definitiv so, daß bei warmen Temperaturen (schwitzen) wie derzeit
das abfärben stärker ist.
Wäre es evtl. möglich, ÜBER die bestehende Osmo-Schicht z.B. mit Acryl-Klarlack
zu streichen, oder wäre auch dieser Lack noch durchlässig?

Zum zweiten Teil meiner Anfangsfrage: Ist es möglich, ggf. das Hartwachsöl wieder
zu entfernen und dann erneut zu beizen (für den Fall, daß beim Entfernen des Öls
auch die Farbe abgeht...)?

Herzlichen Dank!
 

WinfriedM

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Nochmal die Frage: Wie konkret verarbeitest du das Osmo Hartwachsöl. Also wie trägst du es auf und entfernst du Überstände nach einer Einwirkzeit? Beschreib mal genau, wie du arbeitest.
 

WolfgangT

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Ich bringe das Osmo mit einem weichen Lappen in möglichst dünnen Schichten auf. Überstände gibt es nicht. Am nächsten Tag, wenn die Schicht trocken ist, die nächste
Schicht.
 

WinfriedM

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Ok, das macht dann extrem dünne Schichten. Da wirst du noch Zahlreiche von Auftragen müssen, aber irgendwann wird das recht wahrscheinlich zum Erfolg führen.

Ich würd mal noch 10 Lagen auftragen und dann mal gucken. Mit einem feuchten weißen Tuch siehst du ja sehr schnell, wie das Abfärbeverhalten ist.

Irgendwelche Lacke jetzt drübermachen würde ich nicht, zumal das auf einem Hartwachsöl kaum funktionieren wird.
 

WinfriedM

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Aber auf Osmo Hartwachsöl aufgetragen wohl nicht so optimal. Weiß gar nicht, ob das überherhaupt geht. Auch vom Aufwand eher höher.
 

dascello

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Ich beize mitunter meine Cembalo-Obertasten (birnbaum) mit Clou-Wasserbeize schwarz (deutsches Ebenholz). Danach entweder mit heißem Bienenwachs einlassen und mit viel Reiben (und somit Hitze) einmassieren. Oder ich nehme meine eigene Mischung aus bienenwachs, Carnaubawachs, paraffin und Terpentin zum Einlassen. auch hierbei kräftig reiben.
Kein Abfärben.

Gruß

Michael
 

WolfgangT

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Danke für Eure zahlreichen Tips!
Also doch sehr viele dünne Schichten Osmo.... Ok.

Interessant ist ja, dass es wohl starke Unterschiede beim Schweiß gibt. Ich selber muß mit verschwitzten Händen schon ziemlich lang reiben, bis sie rot werden. Beim anderen Gitarristen meiner Band war schon nach 1 Minute der Unterarm und die Finger rot. Aber der muß auch immer seine Saiten abwischen, da sie sonst rosten. Das passiert bei mir nie. Ich hab ihm das abfärben als Diebstahlsschutz verkauft :emoji_wink:

Ich hab gestern auch mal an einem Stück Restholz etwas unorthodoxes probiert: erst mit Osmo Hartwachsöl behandelt und nach Trocknung mit dem Pinsel eine Schicht Acryl-Klarlack überstrichen. Entgegen meiner Erwartung hat das funktioniert - ich hätte ja gedacht, daß der wasserlösliche Acryllack vom Öl abgewiesen wird. Was ich noch probieren muss ist, ob der Acryllack dicht macht.
Aber ich werde für die Gitarre wohl bei der Lösung mit noch mehreren dünnen Schichten Osmo bleiben, weil ich einfach mag, wie es sich anfühlt.

Noch zum Thema Schellack: Ist mir jetzt nicht bekannt, daß das eine gängige Oberfläche für Instrumente wäre - zumindest nicht bei Gitarren. Kann mich aber auch irren. Ich hab mich bisher nicht so recht an Schellack rangetraut, weil die Verarbeitung glaube ich recht aufwändig ist. Das ist halt das Schöne an Osmo Hartwachsöl - es ist so unkompliziert bei sehr schönem Ergebnis.
 

WinfriedM

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Bei Schellack weiß ich auch, dass es längere Feuchtigkeit nicht mag. Inwiefern das beim Spielen eines Musikinstrumentes relevant wird, weiß ich nicht.
 

dascello

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Es gibt seeeeehr wertvolle geigen und celli mit spirituslack. Die rezeptur ist aber wohl sehr komplex. Ich habe schon instrumente in siebenstelligem wert in der hand gehabt, bei denen die stellen die man angreift rohes holz zeigten. Das wird halt hingenommen.

Gruß

Michael
 

Friederich

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Noch zum Thema Schellack: Ist mir jetzt nicht bekannt, daß das eine gängige Oberfläche für Instrumente wäre - zumindest nicht bei Gitarren. Kann mich aber auch irren. Ich hab mich bisher nicht so recht an Schellack rangetraut, weil die Verarbeitung glaube ich recht aufwändig ist.
Hallo Wofgang, als ich wegen irgendwelcher Schellackfragen mal im Netz unterwegs war bin ich auf englischsprachige Gitarrenbauerseiten gestoßen. Die nennen sich "Luthiers" und befassen sich eingehend damit. Hier z.B.A Luthier's Blog: French polish- some thoughts
French polishing soll ein seit Jahrhunderten bewährtes Verfahren beim Gitarrenbau sein.
Aber du hast Recht: es ist aufwendig, bzw. vor allem muß man erstmal "den Bogen raus haben".
Macht also nur Sinn für jemanden, der dafür ein gesteigertes Interesse aufbringt. Dafür ist es aber auch die schönste aller Oberflächen.
 
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