Restaurierung alter Truhe

großaweißamann

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hallo,
Ich möchte mich kurz vorstellen, da ich mich gerade eben erst neu hier registiert habe. Ich heiße Arno (48 Jahre) , wohne derzeit in Rhein/Main Gebiet und bin Lackierermeister.

Der Grund meiner Anmeldung ist eine Truhe, die ich bei einer Haushaltsauflösung erworben habe und deren Restaurierung mich jetzt doch an meine Grenzen bringt.
Die Truhe schien anfänglich so auszusehen, dass man sie lediglich schleifen müßte und mit einem Anstrich ( mit welchem auch immer ) versehen müßte. :rolleyes:

Die ersten Arbeitsgänge zeigten aber schnell, dass es damit nicht getan wäre. Die Schaniere hoben sich aufgrund Unterrostung derart ab, dass ich sie ( neben dem Schließergreifer) kurzerhand demoniert habe und separat bearbeiten werde. Dabei zeigte sich aber, dass das Holz darunter in einem nicht unerheblichen Umfang beschädigt ist. Einzelne Spuren früherer Sanierungsversuche kamen zum Vorschein. (Details siehe Fotos).

In anderen Beiträgen las ich, dass EP Harze zum Füllen empfohlen werden, dies werde ich sicherlich im Inneren auch tun, da die Optik im Innenraum zweitrangig wäre. Aussen dagegen würde ich nur ungern einen deckenden Anstrich aufbringen, da die beim Schleifen zum Vorschein kommende rötliche Maserung durchaus ihren Reiz hätte und diese möglichst gewachst oder Klarlackiert werden sollte.

Meine Frage nun: Wie kann ich Holz ( im Sichtbereich )wieder auffüllen und dabei eine immitiere Holzmaserung erreichen?
Das Holz ist Hartholz, könnte aufgrund der Röte Kirschholz sein, bin mir da aber keinesfalls sicher.
Anbei ein paar Fotos, weitere könnten nachgereicht werden

gruß Arno
 

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derstraubi

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Hallo,

die Truhe ist Eiche.
Wahrscheinlich ist es am einfachsten die Fehlstellen mit Holzkitt zu füllen und zu retuschieren. Da müsstest Du als Überzug etwas nehmen, das die Retusche schützt.
Als Kitt nehmen wir oft den wasserverdünnbaren Holzkitt von Clou. Der lässt sich mit einem feuchten Tuch (um einen Klotz gewickelt) glätten, ohne daß man schleifen muss. Oft kitten wir auch nach der ersten Lackschicht, weil man dann die Poren nicht zu mit Kitt zuschmiert.
Alternativ kann man an den Stellen natürlich auch ein Holz einsetzen aber das würde ich sein lassen.
 

großaweißamann

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danke schon mal für die erste Einschätzung.
Leider sind gerade jene Stellen am stärksten beschädigt, die auch der meiste Materialbeanspruchung ausgesetzt sind.
In diesem Fall eben der Schließer, der unverrüttelbar ins Schloß greifen muß und eben am Scharnier, die oben am Rand der Truhe die Hauptlast des Deckels halten/ aufnehmen muß.
Ist denn der genannte wasserlösliche Kitt für diese Beanspruchung ausgelegt?
Immerhin müssen gerade an diesen Stellen auch wieder Nägel eingeschlagen werden .

Anbei nochmals ein paar Bilder zum Verdeutlichen.

gruß Arno
 

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welaloba

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Hallo, die Fehlstellen, wo es wieder greifende Schrauben oder Nägel braucht, müssten selbstverständlich mit Holz ergänzt werden. Das ist eigentlich kein großes Hexenwerk - bei entsprechender Ausrüstung mit Stemmeisen oder wo es passt, auch die Oberfräse.
Es wäre an dieser Kiste eine Art Frevel, mit irgendwelchen Holz-Kitt- oder 2K - Spachtelmassen rumzuhantieren.

Die Bänder sind an den Enden in der Regel "vernietet", so was lässt sich notfalls auch mit einer Schloßschraube mit Mutter (innen) wieder herstellen.
An Stellen, wo eine Holzergänzung gar nicht sichtbar wäre, kann man auch einfach entsprechend groß aufbohren und einen Buchedübel einleimen, der später die Schraube aufnimmt.
Gruß Werner
PS: Über Oberflächenaufbau kann man später noch mal diskutieren.
 

derstraubi

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Welaloba hat schon recht. Ich bin jetzt von Beschädigungen ausgegangen die nur optisch stören. Dafür hält der Kitt. Und ich habe das so empfohlen, weil ich davon ausgehe, daß eine gute Holzergänzung zu schwierig ist und die Kittstelle am Möbel am wenigsten kaputtmacht.
Wo technisch nötig sind natürlich Ergänzungen mit Holz nicht zu vermeiden. Die Verwendung von Epoxi stattdesssen ist möglich aber verwerflich.
Da kommt man dann dereinst in die Restauratorenhölle und da treffen wir uns dann.:emoji_grin:
 

großaweißamann

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das mit der Hölle seh ich jetzt erstmal nicht so ernst, zumal ich wirklich blutiger Anfänger in dieser Sparte bin. Meine bescheidenen Erfahrungen in der Holzbranche beschränken sich auf Feuerholz machen und eventuell mal auf Vogelhäuschen zusammenleimen .:emoji_grin:
Die Truhe bekam ich "fer umme", gefiel mir einfach und würde eben recht dekorativ ins Wohnzimmer passen ( Ich stelle mir eine Spirituosensammlung darin vor :emoji_stuck_out_tongue: )

Die Dame, der sie gehörte und mit knapp 90 verstarb hatte Brüder und einen Vater, die alle Schreinermeister waren, daher schätze ich das Alter (und auch den Wert) nicht sonderlich hoch ein und erste Versuche, das Teil zu restaurieren, scheinen mir ein gutes Objekt für mich zu sein.

Mit 2k-EP-Spachtel oder Spachtelmassen hantieren ist mir geläufig, aber Holzergänzungen vornehmen, das ist ein neues Gebiet für mich.
Würde es Sinn machen, NUR diese Aufgabe einer Schreinerei anzuvertrauen. Macht das jeder Schreiner ? Und was könnte mich das kosten?

Eine andere Frage noch: wie würdest ihr den derzeitigen Wert derTruhe einschätzen? Sollte da doch ein Profi dran, oder kann man ( nämlich ich ) da nicht viel kaputt machen ?

ein schönes Wochenende wünscht
Arno
 

derstraubi

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Das sollte eigentlich jeder Schreiner machen können. Es ist halt darauf zu achten, dass substanzschonend gearbeitet wird. Der Flicken sollte halt nicht doppelt so groß sein wie das ursprüngliche Loch. Wenn Du einen Kollegen mit restauratorischem Gespür finden kannst ist das besser. Was es kostet muss Dir der sagen.:emoji_slight_smile:
Das Alter und den Wert der Dame mag ich nicht beurteilen. :emoji_grin: Aber die Truhe macht einen guten Eindruck. Ich kann nur mit der Form des Deckels nicht wirklich etwas anfangen. Das ist wahrscheinlich eine lokale Spezialität und ich kann es nicht einordnen.
Der Wert von Antiquitäten bemisst sich momentan danach, was derjenige, der es haben will dafür bezahlt.
Der eigentliche Wert ist aber: Wenn Du aus diesem Berg Eichenholz mit den sonderangefertigten Beschlägen ein solche Truhe machen würdest, was kostet das?
Was die Restaurierung angeht, denke ich, dass Du das auch selber machen kannst. Bist ja mit Oberfläche nicht unbeleckt. Wenn man da mit etwas Gefühl schleift (und ich denke man wird um schleifen nicht herumkommen) dann sollte das eigentlich gehen.
 

großaweißamann

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die Truhe stammt definitiv aus einem kleinen, verschlafenen Nest im Südsauerland (NRW), ob der Deckel typisch für hier ist, weiß ich nicht zu beantworten.
Meiner Frau gefällt das Kistchen noch nicht so sehr, erinnert sie zu stark an einen Sarg, zumal sie (die Truhe) nicht gerade klein ist.
Aber da hier in der Region jeder Schreiner quasi auch der Bestatter im Ort ist, hat sie da nicht ganz unrecht . :rolleyes:
Die Scharniere der Beschläge scheinen handgeschmiedet zu sein.

Was deinen Eindruck eines guten Zustands der Truhe betrifft, so würde ich mich dieser Einschätzung anschließen, sie ist stabil und trotz des Gewichts zeigt sie keinerlei Formen von Instabilität. Lediglich einige Holzwurmlöcher gibt es an der Rückseite der Truhe, aber Klopftests zeigten, dass das Holz intakt ist und im Kern keinesfalls zerstört ist.

Wirklich mehr kann ich aber nicht zu dieser Truhe hier sagen
 

derstraubi

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Mach doch, wenn Deine Regierung das zulässt. Wird sicher spektakulös. Dieses Ding hat noch das ewige Leben und sollte unbedingt erhalten werden. Wenn da alle hundert Jahre einer was macht ist nix kaputt.
Ich kann die halt vom Alter her nicht gut einordnen. Eine Truhe ist eine Truhe ist eine Truhe. Egal welches Jahrhundert. Vom Erhaltungszustand her würde ich auf 19. Jhd. tippen, die Form ist irgendetwas zwischen gestern und Kolumbus, völlig zeitlos.
 

großaweißamann

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An Stellen, wo eine Holzergänzung gar nicht sichtbar wäre, kann man auch einfach entsprechend groß aufbohren und einen Buchedübel einleimen, der später die Schraube aufnimmt.

hallo Woodworkers,
nachdem ich mich nun ein bißchen weiter eingelesen habe, aber doch noch Fragen offen sind, hier also weitere Unklarheiten :emoji_slight_smile:

Welaloba schreibt, ich könne Buchendübel verwenden.
Frage : Warum nicht gleich Eichendübel? Warum wären Buchendübel geeigneter?

Eine andere Frage: Bei meinen Recherchen fand ich genug Angebote für Holzdübel, aber keine in den Größen, wie ich sie bräuchte. Ich bräuchte mal mindestens einen mit einem Durchmesser größer 30mm.
Da ich (noch) nicht über einen Dübelhobel verfügen, dachte ich mir, ich verwende einfach eine Lochsäge ( als Aufsatz für eine Bohrmaschine) und schneide mir ein entsprechenden "Dübel" aus einem anderen Eichenholz. Ein Bekannter meinte, ich könne das dann mit Sägespänen und Holzleim "fast unsichtbar" in das ebenfalls mit der Lochsäge geschnittene Loch im Truhendeckel einsetzen. Spricht irgendetwas gegen diese Vorgehensweise ?

Dritte und letzte Frage für heute :emoji_wink: :
oben genannter Bekannter meinte, dass das rötliche Eichenholz auf einen Anstrich mit "Ochsenblut" hindeuten würde, wie es wohl früher öfters gebräuchlich war.
Wie seht ihr die Sachlage? Sollte ich dann weiter runterschleifen, bis die natürliche Eichenfärbung durch käme? Oder irrt er sich?

Danke schon mal im Voraus für eure Bemühungen.
Gruß Arno
 

welaloba

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Hallo Arno, ich sprach von Buchedübeln, weil die in 2mm Schritten aus dem Regal kommen. Wenns größere Ergänzungen braucht, ist es eher angesagt, die Stelle auszustemmen und passendes Eichenholz einzuleimen. Dann stimmt auch die Holzrichtung. Es ist dir freigestellt, mit einer Lochsäge zu arbeiten, es ist ja deine Kiste. Wenn ich aber von Hand was ausstemme, mache ich die "Loch"Seiten etwas schräg, dann kann sich das ebenfalls abgeschrägte Flickstück schön reinsetzen. Die Empfehlung "mit Spänen und Holzleim" möchte ich nicht kommentieren.
Dübel: Wenns keine passenden gibt, kann man diese immer noch selbst herstellen. Brauchst ja keine laufenden Meter. Vierkantstab auf Kreissäge herstellen, rundmachen mit kl. Hobel und Bandschleifer.
"Ochsenblutanstrich" runterschleifen dürfte ziemlich mühsam sein und ist im Sinne von Restaurieren eine verbotene Handlung.:emoji_wink:
Gruß Werner
 
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