Mit Kunstharzlack frisch lackierte Teile "kleben" aufeinander?

checkalot

ww-robinie
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Hallo woodworker,

der Titel ist etwas missverständlich, mir fiel aber nix besseres ein, um dies in Kürze zu beschreiben...

Mein Problem: ich habe einen Metallrahmen einer Tür mit Alkydharzlack gestrichen (erst Rostschutzgrund, dann Vorlack, dann den eigentlichen Lack), die Türinnenseite ebenso (Holztüre, also nur Vorlack + Lack). Dummerweise läuft die Türe an einigen Stellen ganz leicht auf den Rahmen auf. Trotz ca. 1 Tag offenstehen lassen war der Alkydharzlack natürlich nicht ganz trocken, so dass der Lack beim Schließen der Türe kleben blieb und jetzt an ein paar Stellen auf dem Rahmen bis auf den Vorlack runter ist... Da es sich um eine Außentüre handelt, kann ich die nicht unbegrenzt lange offen lassen, die Regierung wünscht zumindest bei Nacht, dass die zugemacht wird, was ja verständlich ist.

Gibt es irgendeinen Kniff, wie ich das bei der anschließenden 2. Schlusslackierung vermeiden kann? Der Lack (danke VOC-Verordnng!!!) trocknet natürlich nicht an 1 Tag... Gibt es z.B: ein Abklebeband, das ich auf die Türe innen aufbringen könnte, an dem der Alkydharzlack nicht kleben bleibt Oder habt ihr mir sonst noch Tipps?

Viele Grüße
Georg
 

Quickly

ww-buche
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Hallo checkalot,

da Dir bisher keiner geantwortet hat und ich kein vergleichbares Problem bisher hatte versuche ich mit Dir logisch an die ganze Sache rann zu gehen.

Da Alkydharzlacke Physikalisch Trocknen, also durch verdampfen des lösemittels kannst du nur eine Schnellere Trocknung durch eben eine schnellere verdampfung dieser lösemittel erreichen. Dies erreichst du am Besten mit wärme z.B. Fön oder Rotlichtlampe. Bedenke dabei dass Alkydharze Polymere also Kuststoffe sind welche durch zu große Wäme zerstört werden.

Von der Abdeckung mit einem Klebeband halte ich nicht viel, da damit nur das austreten der Lösemittel verhindert wird (in den Metallrahmen difundieren sie nicht rein). Ich könnte mir höchstens ein dünnes "Vorlegeband" vorstellen.
Hat die Tür denn keine Dichtung, das scheppert doch bestimmt ganz schön beim schliessen?

Zudem ist das Abreissen der Farbe (ich nehme an am Metallrahmen) ein Zeichen für schlechte haftung auf dem Material. Du solltest unbedingt die Gebrauchsanweisungen für die Vorbehandlungen der Flächen beachten. Fettfrei heisst nicht mit dem Feuchten lappen abtupfen der Grund muss schon richtig mit Verdünnung abgewaschen werden und anschliessen angeschliffen werden. Zudem muss auch zwischengeschliffen werden.

Zudem würde ich mir zusätzlich noch einen Rat vom Lackhersteller selbst einholen.

P.S. es gibt auch 2 Komponenten lacksysteme für den Aussenbereich welche auf Wasserbasys sind und innerhalb von Stunden komplett Chemisch durchhärten.

M.f.G. Thomas
 

checkalot

ww-robinie
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Hallo checkalot,

da Dir bisher keiner geantwortet hat und ich kein vergleichbares Problem bisher hatte versuche ich mit Dir logisch an die ganze Sache rann zu gehen.

Hallo Quickly, ganz herzlichen Dank für deine Mühe und der "logischen" Annäherung an das Thema... das Ganze ließ mir auch keine Ruhe und ich habe sowohl den Farbhersteller als auch einen befreundeten Chemiker zu Rate gezogen, hier das Ergebnis:

Da Alkydharzlacke Physikalisch Trocknen, also durch verdampfen des lösemittels kannst du nur eine Schnellere Trocknung durch eben eine schnellere verdampfung dieser lösemittel erreichen. Dies erreichst du am Besten mit wärme z.B. Fön oder Rotlichtlampe. Bedenke dabei dass Alkydharze Polymere also Kuststoffe sind welche durch zu große Wäme zerstört werden.

Das ist der eine Teil der Lösung: die gängigen Alkydharz-Malerlacke trocknen physikalisch wie geschrieben, da hilft etwas Wärme und gute Belüftung, damit das Lösemittel verdampft und abtransportiert wird. Allerdingst ist das gar nicht der Hauptteil des Problems. Die Lösemittel sind primär dazu da, den Lack vom Topf aufs Werkstück zu bringen und sorgen dort für einen guten Verlauf.

Die Härtung erfolgt chemisch, und zwar indem der Lack mit dem Luftsauerstoff reagiert. Das ist das eigentlich langwierige und diese Reaktion ist durch Temperatur ein bisschen, aber leider nicht wesentlich zu beschleunigen. D.h. so ca. 20 Grad sind ok, wenns wesentlich kälter ist, dann läuft die Reaktion langsamer, viel mehr Wärme bringt aber wenig, sondern birgt nur das Risiko, dass sich oberflächlich zu schnell durch das Verdunsten des Lösemittels eine wenig durchlässige Schicht bildet und dann die Lösemittel aus tieferen Schichten im Lack Blasen verursachen.

Daher sind die Möglichkeiten der Härtungsbeschleunigung leider nicht sehr umfassend:
- gute Belüftung + angemessene Temperatur
- dünne Schichten auftragen
Von manchen Lacken gibt es chemische Härter (auf Isocyanatbasis, diese funktionieren so ähnlich wie die unter Holzwürmern ja gut bekannten Härter für 2K PUR Möbellacke), die können den Härtung dann deutlich beschleunigen. Man kann diese den Akydharzlacken zugeben. Sind allerdings gesundheitlich kritisch, weil da u.a. Xylol drin ist, daher nur für gewerbliche Anwender zugelassen. Kehrseite ist, dass der Lack dadurch auch seine Elastizität etwas einbüßt, d.h. das ist nur für starre Untergründe geeignet (bei Metall aber sicher unkritisch).

Also bleibt fast nur: akzeptieren, dass die Lacke sch... lange zur Härtung brauchen, wenn man nicht gerade zum Härter greifen will :emoji_frowning2:

Von der Abdeckung mit einem Klebeband halte ich nicht viel, da damit nur das austreten der Lösemittel verhindert wird (in den Metallrahmen difundieren sie nicht rein). Ich könnte mir höchstens ein dünnes "Vorlegeband" vorstellen.
Hat die Tür denn keine Dichtung, das scheppert doch bestimmt ganz schön beim schliessen?

Habe mich hier missverständlich ausgedrückt: es handelt sich um eine Tür in einem Garagentor, daher ohne Dichtung und ich wollte das Abdeckband auf das Holz aufbringen, das aufs frisch lackierte Metall aufläuft, damit der noch klebrige Lack nicht so sehr kleben bleibt.

Zudem ist das Abreissen der Farbe (ich nehme an am Metallrahmen) ein Zeichen für schlechte haftung auf dem Material. Du solltest unbedingt die Gebrauchsanweisungen für die Vorbehandlungen der Flächen beachten. Fettfrei heisst nicht mit dem Feuchten lappen abtupfen der Grund muss schon richtig mit Verdünnung abgewaschen werden und anschliessen angeschliffen werden. Zudem muss auch zwischengeschliffen werden.

Das wars auch nicht: ich hatte entrostet, angeschliffen, Anlauger verwendet und entstaubt. dann Rostschutzgrund, Zwischenschliff + entstauben, dann Vorlack, Zwischenschliff und entstauben Dann der farbige Lack und dieser blieb dann kleben, bis zum Vorlack war alles ok, d.h es war wirklich nur der klebrige Alkydharzlack...

P.S. es gibt auch 2 Komponenten lacksysteme für den Aussenbereich welche auf Wasserbasys sind und innerhalb von Stunden komplett Chemisch durchhärten.

Ich glaube, das ist die einzige Lösung, die wirklich funktioniert! So werde ich es wahrscheinlich machen, wenn ich mal wieder vor so einem Problem stehe! Danke!

Viele Grüße
Georg
 

edelres

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Trenmittel

Hallo Georg und Forumsfreunde,

ich verwendete in einer aehlichen Situation Moebelwachs, dieses trug ich auf dem Rahmen auf, lediglich am Schliessblech klebte etwas Lack, jedoch kaum sichtbar.

Ich verleime Moebelteile oefters mit Epoxidharzkleber, die Raender um die Klebestelle reibe ich mit farlosem Moebelwachs ein. Ich lasse das Harz aushaerten, dann laesst es sich ohne Spuren zu hinterlassen entfernen

Ich kenne vom Bau von Segelflugzeugen/Booten in Fiberglastechnik Trennmittel, als auch Folien.

Wir trugen das Trennmittel auf dem Boden auf um zu verhindern, dass sich das erhaertende Harz darauf festsetzen konnte. (Turnhalle einer Schule)

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar

PS: Ich hatte deine Anfrage uebersehen, sonst haette ich frueher dazu Stellung genommen.
 

Heimkino

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Hallo Georg,

die Beschreibung physikalische Trockunug und chemische Erhärtunng (oxidative) ist absolut richtig.

Die Aussage mit der Tempertur ist so nicht richtig, auch AK-Harze reagieren deutlich auf Wärme.
Vorausgesetzt die Bestandteile sind alle in Ordnung.

Ein weiteres Problem kann eine zu hohe Schichtdicke sein, bei aktuellen low-VOC-Varianten besonders häufig.

Auch Unverträglichkeiten mit, den anderen Stoffen des Beschichtungssystemes oder Lösemittelzusätze können ursächlich sein.
Bist du allerdings im System geblieben liegt die Ursache wo anders.

Sollten es nicht die applizierten Schichtdicken sein tippe ich auf einen Mangel in diesem Beschichtungsstoff. Dann sind mit großer Wahrscheinlichkeit die Sikative "kaput" gegangen. Sie werden zugesetzt um die Erhärtungseigenschaften eines AK-Harzes zu steuern.



Grüße

Werner
 

checkalot

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Die Aussage mit der Tempertur ist so nicht richtig, auch AK-Harze reagieren deutlich auf Wärme.
Vorausgesetzt die Bestandteile sind alle in Ordnung.

Hallo Werner, vielen Dank - das ist sehr interessant! Hast du eine grobe Richtung (ich weiß, man kann das natürlich nie genau sagen, hängt von Luftfeuchte und anderen Rahmenbedingungen ab, ...), welche Temperatur noch eingermaßen sinnvoll ist, um die Reaktion zu beschleunigen?

Ich glaube auch nach einigen Versuchen (und Fehlschlägen), dass eine möglchst niedrige Schichtdicke ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt ist... muss halt noch so dick werden, dass der Verlauf noch passt...
 

WinfriedM

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Chemische Prozesse verdoppeln ungefähr pro 10 Grad ihre Reaktionsgeschwindigkeit, so auch die Polymerisation bei Alkydharzen. Temperatur bringt also sehr viel.

RGT-Regel ? Wikipedia

Über 40-50 Grad würde ich allerdings aus einem Bauchgefühl heraus nicht gehen.
 

Heimkino

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Hallo,

ich sehe es ähnlich wie Windfried (40°C), aber wir reden hier von den Oberflächentemperaturen und nicht von der der umgebenen Luft.
Hier greift die Theorie, dass die Bauteiltemperatur gleich der des Beschichtungsstoffes ist.
Diese Zunahme der Reaktionsgeschwindigkeit läuft jedoch nicht linear, bei höheren Temeraturen verdoppelt sich Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr je 10°C mehr.

Ja, die Schichtdicke hat auch einen erheblichen Einfluß auf den Zeitpunkt der Belastbarkeit.

Sind die Oberflächen denn jetzt hart? Wie lange lagen sie bei welcher Temperatur (Pi x Daumen).

Grüße
 

WinfriedM

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Schichtdicke geht sogar stark nichtlinear ein und ist oft das Hauptproblem. Wo eine definierte Schichtdicke innerhalb von 24 Stunden durchhärtet, braucht doppelt so dick vielleicht 5 mal so lange.

Es gibt übrigens auch einen Fachbegriff, nach dem man googeln kann: Blockfestigkeit
 

checkalot

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Sind die Oberflächen denn jetzt hart? Wie lange lagen sie bei welcher Temperatur (Pi x Daumen).

Grüße

Ja, inzwischen passt das Ganze: ich habe dann die tiefen Macken mit Lackspachtel zuerst verschlossen, dann angeschliffen und nochmals mit dem gleichen Lack lackiert. Dann die ausgehängte Türe 3 Tage trocknen lassen (und halt in den sauren Apfel gebissen dass das dann die ganze Zeit offen stand) - bei tagsüber bis zu 25 Grad, nachts deutlich kühler, bis etwa 10 Grad. Habe dann zusätzlich noch wie eingangs beschrieben zur Sicherheit ein Abdeckband (das gelbe von 3M) auf die auflaufende Fläche der Holztüre geklebt. (Der Tipp von Otmar kam leider zu spät, sonst hätte ich auch mal Wachs probiert!) Ergebnis ist, dass es jetzt keine "Klebemacken" mehr sichtbar sind und der Lack ist nach nunmehr ca. 5 Tagen schon ziemlich hart...

Mit demselben Lack (d.h. selbes Gebinde) hatte ich auch schon mal ein Geländer lackiert, da war die Temperatur aber nur ca. 11-12 Grad, das dauerte dann auch rund eine Woche, bis das Ding einigermaßen hart war - hält aber inzwischen 1a.

Daher glaube ich inzwischen, dass man bei Kunstharzlacken einfach viel Zeit einplanen muss, trotz aller Tricks mit Schichtdicke und Temperaturen. Ich war nämlich zwischenzeitlich auf Wasserlacke umgestiegen (PU-verstärkte Acryllacke), die sind von der Trocknungsgeschwindigkeit her super aber da bekomme ich mit dem Pinsel einfach keinen schönen Verlauf hin, selbst mit der Rolle bin ich mit meinen Ergebnissen nicht zurfrieden und bin deswegen wieder zurück zu Kunstharz gegangen...

Danke nochmals für eure Tipps!
 

Heimkino

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Hi Georg,

dann war es wohl die applizierte Schichtdicke.

Sind die 2K-Stoffe denn für deien Anwendung vorgesehen/empfohlen, gemäß Produkdatenblatt (PDS). Wird die von Dir verwandte Applikationsmethode im PDS benannt?

Grüße
 

checkalot

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Hi Georg,

dann war es wohl die applizierte Schichtdicke.

Sind die 2K-Stoffe denn für deien Anwendung vorgesehen/empfohlen, gemäß Produkdatenblatt (PDS). Wird die von Dir verwandte Applikationsmethode im PDS benannt?

Grüße

Danke! Ich habe noch gar keine 2K-Produkte eingesetzt, sondern einen ganz normlen 1K-Alkydharzlack, wegen 2K da müsste ich mich erst mal schlau machen (d.h. ob man die streichen kann, wie lange offen, welcher Untergrund, etc.). Habe mir nur gedacht, dass das fürs nächste Mal eine Alternative wäre, wenn es auf schnelle Trocknung ankommt...
 

Quickly

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Hallo allesamt,

sehr interessant und lehrreich was hier geschrieben wird. Da ich wie gesagt ich mich mit Alkydharzen nicht gut auskenne.

Zur allgemeinen Trocknung kann ich aber noch etwas zusteuern, die Schichtdicke verhält sich quadratisch (Faustformel) zur Trockenzeit (verflüchtigung der Lösemittel). Das bedeutet bei verdoppelter Schichtdicke vierfache Trockenzeit. Natürlich bei gleichbleibender Temperatür.

M.f.G. Thomas
 

Heimkino

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Danke! Ich habe noch gar keine 2K-Produkte eingesetzt, sondern einen ganz normlen 1K-Alkydharzlack, wegen 2K da müsste ich mich erst mal schlau machen (d.h. ob man die streichen kann, wie lange offen, welcher Untergrund, etc.). Habe mir nur gedacht, dass das fürs nächste Mal eine Alternative wäre, wenn es auf schnelle Trocknung ankommt...

sorry,

da war der Wunsch Vater des Gedanken:emoji_wink:
 
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