Knochenleim - Fischleim

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Liebe Woodworkers,

ich habe eine simple Frage, deren Antwort ich bisher nirgends finden konnte.

Knochenleim wird heiß verarbeitet, man muss sich gut auskennen, damit das Zeug nicht ruckzuck in harten Klumpen am zu verleimenden Holz klebt (ist mir selbst leider schon passiert).

Fischleim dagegen ist wesentlich benutzerfreundlicher, kann mit der Tülle aufgebracht werden, funzt kalt usw.

Welcher Leim hält besser?
Gibt es andere Vor- und Nachteile auf der einen oder anderen Seite (außer, dass Knochenleim unter Wärme gelöst werden kann)?
Gibt es hier oder da auch bei diesen Leimen den "Creep"- Effekt?

Gruß vom nasskalten Rhein


Michael
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Hallo Michael,
hier ists auch total verregnet, es geht kaum besser.
Knochenleim besteht bei mir 50:50 aus Plattenleim und Perlleim, dazu gibt’s noch ne Handvoll Hasenleim. Alles über Nacht mit Wasser bedeckt im Edelstahltopf oder un-beschädigtem Emailtopf einweichen, die Platten dazu zwischen Tüchern kleinhämmern. Nächsten Tag im Wasserbad erwärmen und langsam schmelzen lassen. Die Platten brauchen manchmal ziemlich lange. Immer wieder mal umrühren. Wenn alles ge-schmolzen ist, noch eine Stunde warm halten, etwas Schimmelverhinderer einrühren (Preventol irgendwas von „Kremer-pigmente.de“, mußtu recherchieren) und abkühlen lassen. Beim nächsten Erhitzen Konsistenz einstellen, bei 55 – 60 °C verarbeiten. Metall-freier Pinsel zwingend erforderlich.
Mit diesem Leim und Sägemehl stelle ich einen (allerdings ziemlich dunklen) Kitt her, der in der Regel härter als Holz wird. Damit lassen sich (bei richtigem Mischungsverhältnis von Leim und Spänen) auch schlecht sitzende Stuhlzapfen fixieren (davon habe ich jetzt nicht gesprochen) lange trocknen lassen!! Mit diesem Leim können Zargenklötzchen einfach in die Ecken gesetzt werden. Größere Stücke und Flächen müssen unbedingt gut erwärmt sein, sonst läßt sich der Leim nicht verarbeiten, Zwingen erforderlich. Beim Furnieren brauchts heiße Zulagen mit Papierzwischenlage aufs Furnier. Kleinere abgebrochene Stücke lassen sich auch ohne Zwinge einfach ansetzen – kurz festhalten, trocknen lassen.
Rausgequollene Leimstränge sollten bald mit heißem Wasser weggewischt werden, er-kaltet lassen diese sich auch, aber nur mit sehr viel Geduld entfernen. Erwärmen hilft. Ver-leimte dickere Stücke säge ich eher auf als dass ich versuche, eine Verleimung irgendwie zu lösen.

Fischleim (ich habe kanadischen) läßt sich kalt verarbeiten, Anwärmen der Werkstücke beschleunigt das Trocknen, Verwendung von Zahneisen vergrößert die Leimfläche, (auch wenn manche Kollegen an der Stelle schmunzeln mögen), er verbindet sich ANDERS ALS PONAL problemlos mit alten Knochenleimresten, diese müssen also nicht entfernt werden.
Fischleim eignet sich nicht für spaltfüllende Verleimungen, mischen mit Spänen funktioniert nicht, das trocknet nur sehr schlecht bis gar nicht.
Ansonsten wird Fischleim wie Weißleim verarbeitet, ist entgegen Kremers Angabe nicht wirklich wasserfest.
Rausgequollener und getrockneter Leim läßt sich mit Geduld, Spucke und warmem Wasser entfernen.
Zum Furniere niederleimen ist Fischleim sehr gut geeignet, da er sehr gut in Ritzen fließt. Das ist aber bestimmt nicht der Creepeffekt, den du meinst...
Halten tun m.E. beide gleich gut, der fischleim ist meist bequemer zu verarbeiten, ein andermal muss es der Knochenleim sein. Noch Fragen?
Gruß Werner
 

raenki

ww-pappel
Registriert
9. November 2009
Beiträge
5
Ort
LA
hallo,

ja fischblasenleim ist der beste natürliche leim, da kann sonst kein natürlicher mithalten

außer natürlich synthetische Leime/Kleber

mfg R@nki
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Hallo Werner,, hallo R@nki,

danke für Die wieder mal erschöpfende Auskunft.

Ich habe beides im Schrank. Der Knochenleim ist aber so in linsenförmigen Körnern.

Meine Frage rührt daher dass ich seit fast 20 Jahren einen angefangenen Viola da Gamba-Bausatz rumliegen habe. Ich hatte seinerzeit den Zargenkranz verleimt, den Boden fertig vorbereitet (dazu nimmt man Ponal) und wollte ihn mit besagtem Knochenleim aufleimen. Geigenbauer machen das halt so. Keine Ahnung habend, erwärmte ich also das Zeug, schmierte es auf die Leimfläche und versuchte, den Boden mittels vieler Zwingen darufzuleimen.

Oioioioi! Das ging in die Hose. Alles war also mit in nullkommanix hart gewordenem Knochenleim versaut, aber der Boden hielt natürlich kein Stück.

Dann schmiss ich alles zurück in den Karton und der wanderte auf den Speicher.
Seitdem spiele ich Konzerte, in denen eine Gambe benötigt wird, auf geliehenen Instrumenten.

Jetzt, nach meinem Umzug, tauchte das Teil wieder auf und vielleicht komme ich jetzt auch mal dazu, diese Gambe weiterzubauen.

Denkt Ihr, dass ich, nach mühevoller Entfernung möglichst viel Knochenleims, den Gambenboden mit Fischleim aufleimen kann, oder muss es dann wieder Knochenleim sein?

Ich fürchte, das ginge über meine Fähigkeiten......


Gruß aus rheinischem Sauwetter


Michael
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
...Creep - das habe ich vergessen.

Es gibt bei Weißleim das Phänomen, dass unter bestimmten Belastungsgegebenheiten zwei verleimte Werkstücke sich ohne Stabilitätsverlust gegeneinander verschieben können. Es ist nicht zu glauben, aber ich habe es selbst an einem Cembalo erlebt, das ich vor 20 Jahren gebaut habe. Der Resonanzboden hat sich an zwei Stellen unter großer Längsbelastung (klar, die Saiten...) am Oberdamm um 0,5 mm verschoben, ohne dass die Verleimung aufgeplatzt wäre.

Glaubt es oder glaubt es nicht!

Das nennt man "Creep". Ich habe da auch irgendwo schon mal was drüber gelesen.

Gruß

Michael
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Hall
Ich habe beides im Schrank. Der Knochenleim ist aber so in linsenförmigen Körnern.
Das ist der Perlleim.

Denkt Ihr, dass ich, nach mühevoller Entfernung möglichst viel Knochenleims, den Gambenboden mit Fischleim aufleimen kann, oder muss es dann wieder Knochenleim sein?




Ich fürchte, das ginge über meine Fähigkeiten......

Du schaffst das, ich glaub an dich.



Michael

Hallo Michael, wenn du den Knochenleim vorsichtig evtl. auch mit feuchtem Erweichen so weit entfernst, dass die Passung wirklich gut ist, kannst du wohl den Fischleim nehmen. 4 Zwingen wären aber sicher viiiiiiiel zu wenige...
Gruß Werner
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Lieber Werner,

schön, dass wenigstens einer an mich glaubt!

Ich sprach nicht von VIER Zwingen. Ich schrieb VIELE Zwingen!

Da muss alle 5 cm eine hin!

Aber zuerst muss die alte Sch.....e unter.


Gruß

Michael
 

Unregistriert

Gäste
hallo alle miteinander,

1. zu wela...... es gibt den knochenleim in verschiedenen formen so z.B. in Tafeln (wie Schokolade), in Blöcke, linsen, Perlen oder auch Granulat genannt!!!!!!!!!!
und das ist alles das gleiche in Verbindung mit dem Hersteller

2. entferne doch alle leimreste erstmal, so dass alles öl-fett-harzfrei ist
3. du musst mindestens zu 2. sein sonst gefriert dir der leim ein, egal welcher von den beiden
so mache ich es in meinem betrieb jetz und in der meisterschule haben wir es auch so gemacht!!

lg R@nki
 

edelres

ww-robinie
Registriert
16. November 2003
Beiträge
2.619
Ort
Redwood City, Kalifornien USA
Fischleim

Hallo Michel, Werner & Forumsfreunde

zu Werner Beitrag moechte ich anmerken, den Haut/Knochen/Perl/Hasenleim usw in Wasser einweichen, uebernacht, dabei quillt der Leim auf, ohne zu zerlaufen. Das nicht vom Leim aufgenommene Wasser abgiessen. Nun den Leim auf max 70 º/C im Wasserbad erhitzen.

Guter Glutinleim , nimmt die seinem Volumen entsprechende Menge an Wasser auf. Ich stelle die Viskositaet je nach Verwendungszweck durch geringe Wasserzugabe ein.

Wie schon von Werner erwaehnt, das Holz muss gut warm (besser heiss) sein.

Ich verwende seit ca 20 Jahren Fluessigen Hautleim. "Franklin Liquid Hideglue"(*) dieser laesst sich direkt aus der Flasche verarbeiten, hat eine lange offene Zeit.

Die Klebekraft der heute hergestellten Glutinleime (schliesst Fischblasenleim ein) ist groesser als die Holzfestigkeit bei Nadel und Laubhoelzern. Schwere Oel/Harzreiche Hoelzer, wie Pockholz lasen sich schlecht verleimen, bei Belastung der Leimstellen entsteht Leimbruch.

(*) ohne Werbeabsichten, Tidebond stellt den Liquid hide glue her oder vertreibt ihn.

Im Musikinstrumentenbau ist Weissleim uneeignet, wie du schon erlebt hast, zum anderen daempft er die Resonanz. Glutinleim, trocknet hart auf ohne das Resonanzverhalten der Verleimungen zu aendern.

Heute wird meist Epoxydharzkleber verwendet, die laengere offene Zeit, durch verschiedene Haerter einstellbar und die harte (creepfreie) Verbindung, sowie die einfachere Verarbeitung sind die Hauptgruende.

Frage: wer ist der Hersteller des Fischleimes und under welcher Bezeichnung wird dieser verkauft?

Als Gedankenanstoss

mfg

Ottmar
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Lieber Ottmar,

ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich noch nicht mal den Hersteller des Fischleims kenne. Das Zeug habe ich von einer Firma Jahn, die Klavierbauer (und nur die!) mit Material beliefert, in einer ungelabelten Flasche. Ich kaufte das Zeug, weil es ideal ist, um Filz auf Holz zu kleben.
Ihr habt aber alle recht: Zuerst muss das alte Zeugs runter. Wenn ich bis dahin nicht die Flamme an das Teil drangehalten habe, dann mach ich mir Gedanken über das Verleimen, womit auch immer.

Hält Epoxy (hab ich da, Araldite) auf Knochenleimresten?
Das arbeitet sich nämlich super und füllt sogar kleine Spalten....

Und meine Exfreundin hat ne Sauna. Bringt die mir was bei Knochenleim?

Ottmar, du scheinst Creep zu kennen. Wie läuft das genau?

Gruß aus dem Tal der Wupper


Michael
 

welaloba

ww-robinie
Registriert
26. August 2008
Beiträge
3.335
Ort
Hofheim / Taunus
Hallo Michael, den Knochenleim, wenn du denn nicht schleifst oder raspelst, kannst du mit aufgelegten Stoffstreifen - pardon- NASSE Stoffstreifen erweichen. Braucht Geduld, ist aber (Holz-) schonender als anfönen und kratzen und mit Schwämmchen nassmachen. Ich kann nicht sagen, wie lange es effektiv dauert, es würde jedenfalls deinem Werkstück besser bekommen als die Sauna, das wäre zu viel des Guten. Finde ich. Musst halt während der Geduldsphase immer wieder mal probieren, ob der Leim schon so weich ist, dass er sich mit scharfer Klinge abnehmen lässt. Wenn gut getrocknet, würde ich einen Leimversuch mit Fischleim und anderen zur Verfügung stehenden Leimen (außer Ponal) machen, und zwar einfach einen Tropfen hinsetzen und über Nacht trocknen lassen und sehen ob er sich mit dem Untergrund verbunden hat und wenn ja, wie gut. Ich weiß. das ist föllich unwissenschaftlich, aber ich gestehe mir bei solchen Sachen ein gewisses Fingerspitzengefühl zu. Gruß Werner

P.S. Kriechen? Ich habe es schon erlebt, dass Speise-Öl aus einer stehenden Flasche gekrochen ist - die Flasche stand dann in einer Öl-Pfütze. Kein Märchen! W.
 

dascello

ww-robinie
Registriert
9. Januar 2008
Beiträge
4.449
Ort
Wuppertal
Lieber Philipp,

ich mag zwar blöd sein, aber so blöd auch nicht....

Der Wikiartikel erklärt Creep bei Stahl, Beton etc.

Nix über Holz.

Gruß vom heute etwas freundlicheren Rhein

Michael
 

Philipp

ww-birnbaum
Registriert
28. November 2005
Beiträge
228
Ort
Bergstraße
Lieber Philipp,

ich mag zwar blöd sein, aber so blöd auch nicht....

Der Wikiartikel erklärt Creep bei Stahl, Beton etc.

Nix über Holz.

Gruß vom heute etwas freundlicheren Rhein

Michael


Hallo Michael,

ich habe Dir in keiner Weise unterstellt, blöd zu sein, ich was gar nicht, wie Du darauf kommst. Da Du aber von "Creep" und nicht von dem gängigen deutschen Ausdruck des Kriechens sprachst, legt die Vermutung nahe, daß Dir der Begriff eben nicht ganz klar ist.

Weiter oben schreibst Du: "Es gibt bei Weißleim das Phänomen, dass unter bestimmten Belastungsgegebenheiten zwei verleimte Werkstücke sich ohne Stabilitätsverlust gegeneinander verschieben können."

Damit ist klar, daß das von Dir beobachtete Kriechen nicht im Holz, sondern im Leim stattfindet. Und Weißleim ist nun mal ein Polymer, und über dessen Kriechen schreibt eben auch der Artikel.

Gruß, Philipp
 
Oben Unten