Flurschränkchen - Eine Sammlung von Anfängerfehlern

Komihaxu

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Ich wollte mal zeigen, was man als Anfänger an einem einzelnen kleinen Möbelstück alles so falsch machen kann.

Allgemeines
Höhe: 60 cm Breite: 40 cm
Holzarten: Ahorn und Nußbaum
Verbindungen: kein einziges Stück Metall, nur Schwalbenschwanz und Titebond Hautleim
Befestigung an der Wand: In die Rückwand des Schranks wurde eine rechteckige Tasche eingefräst. In diese greift eine 30 cm breite Hängeleiste/Winkelleiste, die an die Wand geschraubt wurde. Der Schrank ist also mit einem Handgriff abgenommen.
Schubladen: Lassen sich zu beiden Seiten herausziehen. Das ist die kleine Besonderheit an diesem Stück. Aus diesem Grund war ja keine aufschlagende Konstruktion möglich, ebenso keine Schubladenführungen aus Metall. Aber es war ja sowieso der Anspruch, keinerlei Metall zu verwenden. Stattdessen laufen die Schubladen auf Laufleiste, Streifleiste und Kippleiste aus Nußbaum. War auch nicht ganz einfach, nur 2mm dicke Leisten per Hand auszuhobeln. Eine einzige Sollbruchstelle (Ast ö.ä.) und die Leiste bricht an der Stelle durch.
Oberfläche: Am Ende wurde mit Leinölfirnis und Natural Finish-Öl mehrfach geölt.

Herstellung:
Das Material für die Brettflächen und Schubladen wurde mit der Bandsäge aus 50mm Bohlen herausgetrennt. Dann wurde alles per Hand gehobelt.
Die Schwalbenschwänze wurden hingegen mit einer Oberfräsen-Schablone erstellt. Da habe ich mir einfach nicht zugetraut, 40 cm Breite per Hand so zu sägen, dass es auch zusammenpasst. Auf dieser Breite ist das schon mit der Schablone nicht ganz trivial.

Das florale Motiv auf der Front ist das gleiche wie auf unserer Flurtapete. Das habe ich abfotografiert, per Laserdrucker-Aceton-Methode auf das Holz übertragen und dann mit einem Schriftenfräser mit der Oberfräse gefräst. Danach habe ich die Vertiefung mit brauner Beize dunkel gefärbt. Anschließend musste natürlich die Oberfläche nochmal nachgehobelt werden, um die überschüssige Beize zu entfernen - siehe Bild.
 

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Komihaxu

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Fehler und Probleme:
Das händische hobeln der Brettflächen war extrem aufwändig. Nach dem Verleimen der 40x60 cm großen Fläche habe ich zwei komplette Wochenenden nur an diesen 2 Brettern gehobelt. Das Abrichten einer einzelnen planen Fläche ist grundsätzlich mit der Raubank kein Problem. Es war allerdings sehr anspruchsvoll, die Gegenseite wirklich parallel hinzubekommen. Das ist mir nicht vollständig gelungen, darum hat das Brett 1-2 mm Dickenunterschied an den jeweiligen Enden.
Nußbaum ließ sich schön hobeln, aber der drehwüchsige Ahorn war sehr schwer zu bearbeiten. Gegen Ende habe ich für die Veritas Rauhbank noch ein 50°-Eisen besorgt, es rattenscharf geschliffen und feinste Späne abgenommen. Hier war extrem vorsichtig zu arbeiten, sonst hätte es in der Fläche gleich wieder tiefe Ausrisse gegeben und ich hätte von vorne anfangen können.
Ein Anfängerfehler hat mir das Leben noch schwerer gemacht: Die Faserrichtung zweier aneinandergeleimter Bretter war verdreht.
Am Ende waren die Ausrisse dann doch erfolgreich verputzt. Auf den Bildern täuscht das ein wenig, wegen des Blitzlichts sieht es doch wieder fleckig aus. Im üblichen Licht aber nicht.

Dem Fachmann wird auch sofort auffallen, dass der ganze Schrank einen Bauch macht. Auf dem letzten Bild sieht man das links ganz gut (nein, es liegt nicht an der Verzerrung des Kameraobjektivs, leider). Die Ursache ist auch, dass die Orientierung der Brettflächen eigentlich genau um 90° falsch herum ist. Leider konnte ich die Faserrichtung nicht von oben nach unten laufen lassen, denn das hätte mein Holz nicht hergegeben. Ich hatte nur 50 cm lange Stücke, der Schrank sollte aber 60 cm hoch werden.
Es hat auch nicht gereicht, das Holz mehrere Wochen in der Wohnung zu lagern, es hat sich dennoch ungleichmäßig gearbeitet. Eine Erinnerung an mich selbst, dass mit Massivholz korrekt zu konstruieren ist und keine Fehler verziehen werden.
 

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AhornBay

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Schönen guten Morgen Komihaxu,

ein schönes Möbel hast Du da gebaut :emoji_slight_smile:

Besonders die Idee mit dem "Holzdruck" finde ich interessant. Das möchte ich mir merken. Das Gimmick, die Schubkästen nach beiden Seiten öffen zu können bringt einen (zusätzlichen) Pfiff in das Ganze. Persönlich hätte ich zwar noch eine Griffmöglichkeit angebracht, aber das ist Geschmacksache.

Deinen Ansatz (und Ehrgeiz) alles per Hand zu hobeln finde ich klasse. Ich versuche das auch - wo es geht - durchzuhalten. Immer gelingt es mir leider auch nicht. Für mich habe ich jetzt entschieden, dass es "passen" muss. Für mich heißt das, dass ich erst einmal mit dem Hobel anfange (und mich durchaus recht fordere), wenn es dann aber kippt (z.B. zeitlich, Qualität, körperlich), greife ich auch schon mal zum Schleifpapier/Schleifmaschine. Da ich's mit Staub nicht so hab, hält sich das zwar recht in Grenzen, kommt aber vor. Konkret in Deinem Fall hätte ich wohl die allerletzten Striche mit einem sehr feinen Schleifpapier gemacht.

Zur Konstruktion; da sind mir folgende Dinge aufgefallen:
- Holzrichtung Schubkästen-Vorder => so drücken sie die Seiten nach aussen, dann klemmen die Schubkästen
- Holzrichtung Korpus => die Schwalben/Zinken kommen nicht ins Langholz sondern ins kurze Holz

Mutmaßung:
Der "Bauch", den Du beschreibst kommt gar nicht von der "falschen" Verleimung sondern von der falschen Holzrichtung im Korpus. Das könnte z. B. dann sein, wenn die Vorderseite vom Korpus eine andere Holzfeuchte als die Rückseite hat (was sie sicherlich hat) und dann die beiden Seiten entgegengesetzt arbeiten - das muss fast schon zwangsläufig bauchig werden.

Herzliche Grüße

Tom
 

Komihaxu

ww-robinie
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Besonders die Idee mit dem "Holzdruck" finde ich interessant. Das möchte ich mir merken.
Im Internet auch zu finden als "Toner-Transfer-Methode". Ich kenne es vom Leiterplatten ätzen.

Zur Konstruktion; da sind mir folgende Dinge aufgefallen:
- Holzrichtung Schubkästen-Vorder => so drücken sie die Seiten nach aussen, dann klemmen die Schubkästen
Da habe ich mir eingebildet, dass die Maserung von oben nach unten durchlaufen soll. Die Schubladenfronten kommen also aus einem Brett. Sieht aber außer mir eh kein Mensch und durch die Unterbrechungen wirkt es auch gar nicht. Klarer Fehler.

- Holzrichtung Korpus => die Schwalben/Zinken kommen nicht ins Langholz sondern ins kurze Holz

Mutmaßung:
Der "Bauch", den Du beschreibst kommt gar nicht von der "falschen" Verleimung sondern von der falschen Holzrichtung im Korpus. Das könnte z. B. dann sein, wenn die Vorderseite vom Korpus eine andere Holzfeuchte als die Rückseite hat (was sie sicherlich hat) und dann die beiden Seiten entgegengesetzt arbeiten - das muss fast schon zwangsläufig bauchig werden.
Ja, das wollte ich oben ausdrücken. Ging aber eben nicht anders, weil das Rohmaterial die Länge nicht hergegeben hat. Im Nachhinein habe ich gelernt, dass so viele Arbeitsstunden reingeflossen sind, dass man besser hätte zum Holzhändler fahren sollen, als hier einen Kompromiss einzugehen. Im Zweifel ist durch dieses "Sparen" am Rohmaterial am Anfang die ganze Arbeit umsonst.
 

Mitglied 30872

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Eine schöne Idee, mit der beidseitigen Bedienbarkeit.
Ein paar Anmerkungen hat Tom schon gemacht, ich schließe mich dem an. Und dass die Fahrt zum Holzhändler besser gewesen wäre, habe ich auch dann und wann schon mal feststellen müssen. :emoji_open_mouth:
Ich würde andere Gratfräser nutzen. Deiner besitzt an der Grundschneide diese Verbreiterung, so wie dieser hier: Festool Gratfräser Zinkenfräser 2 Fräser | eBay. Da würde ich einen anderen nutzen.
 

Mitglied 30872

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Ich wüsste nicht, weshalb man in Verbindung mit einer Schablone diesen Fräser nutzen muss. Ich weiß nicht einmal, wozu diese Art Fräser überhaupt dient, wenn es immer dieses seltsame Fräsbild ergibt. Wer kann was dazu schreiben?
 

Friederich

ww-robinie
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Zum Fräser:
Das ist ja auch ein Gratfräser. Beim Graten sieht man in der Regel die Gratnut nicht. Die ausgenuteten Spitzen der Gratnut erleichtern dann wohl das Zusammenschieben der Gratfeder in die Gratnut.
Kann ich nicht wirklich nachvollziehen.
Mir ist diese Form auch rätselhaft.
 

Mitglied 30872

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Nein Gnampf,
der von komihaxu verwendete Granutfräser hat damit nichts zu tun. Auch der in Gratverbindung - HOLZ-TECHNIK.de gezeigte Fräser entspricht nicht dem von komihaxu genutzen Fräser. Irgendwelche Vorteile des von komiahaxu genutzten Fräsers bezüglich des Zusammenfügens sind mir nicht ersichtlich.
 

Gnampf

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Ich bin kein Freund dieser Fräser. Da zinke und grate ich lieber von Hand.

@Stefan
Ich habe mich auf den Fräser bezogen, den Komihaxu benutzt hat und der hat diesen Vorschneider (siehe seine Bilder).
Ich nehme an du hast schon mal gegratet? Wenn man sauber arbeitet ist das alles kein Problem, dann lassen sich die Bauteile mit etwas Kraftaufwand ineinanderschieben. Wenn die Innenecken der Gratnut jedoch nicht sauber ausgearbeitet sind zerstört man die Spitzen der Gratfeder und das Ganze passt nicht mehr.
Der Gratfräser mit dem "Vorschneider" an den Spitzen hilft da schon wenn man das braucht.
Wenn man nach "Zinkenfräser" googled findet man beide Varianten, mit und ohne "Vorschneider" z.B.: ENT Zinkenfräser HW (HM) mit Vorschneider S8x32 Z2 14° D14,3.
Der Fräser mit Vorschneider sollte eigentlich nicht "Zinkenfräser" genannt werden.
 

Friederich

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Wenn die Innenecken der Gratnut jedoch nicht sauber ausgearbeitet sind zerstört man die Spitzen der Gratfeder und das Ganze passt nicht mehr.
Könnte der Grund sein.
Andrerseits lässt man ja sowieso etwas Luft über dem Nutgrund. Und über die Kanten der Gratfeder braucht man nur mal kurz mit etwas Schleifpapier zu fahren, dann wäre diese Gefahrenquelle auch beseitigt.
 

Mitglied 30872

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...Der Gratfräser mit dem "Vorschneider" an den Spitzen hilft da schon wenn man das braucht...

Ja, so ist das wohl, wenn man das braucht. Ich stelle Gratnuten und die Federn nur mit der Maschine her und das Ineinanderschieben hat bisher ganz gut auch ohne Vorschneider funktioniert.
 
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