Branchenlösungen für Schreiner

bug

ww-pappel
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17. September 2008
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Hallo Zusammen,

Ich eröffne mal einen Thread um die Meinungen der Forennutzer zu den verschiedenen Branchenlösungen für Schreiner zu hören.
Als erste muss ich hinweisen, das ich hier kein Programm schlecht machen möchte und hier nur meine Erfahrungen und die einiger meiner Kollegen widergeben möchte.

Es muss auch erwähnt werden, das der Umstieg von 2D auf eine 3D Lösung immer mit einigem Aufwand verbunden ist, was die Verkäufer dieser Lösungen gerne herunterspielen.
Häufig wird auch angegeben, das die "meisten" Beschläge der führenden Hersteller im Paket dabei sind. Dabei stellt sich die Frage, ob diese vom Anwenderbetreib überhaupt genutzt werden oder ob andere Beschläge benötigt werden.
Desweitern muss auch überlegt werden, ob der Detailierungsgrad der Beschläge (z.B. von Hettich) überhaupt nötig oder nicht schon übertrieben ist.
Dann muss ausserdem überlegt werden, ob die Stücklisten an ein ERP / PPS-System übergeben weerden sollen und wie die Maschinenanbindung aussieht. Da wird auch gerne erwähnt "das kriegen wir schon hin".

Nun zu den Erfahrungen mit den diversen Programmen:

CAD+T (Willkommen bei CAD+T Consulting GmbH)
Das Programm basiert auf AutoCAD. Es kann auch eine OEM-Version erworben werden.
Es wird Konstruiert, wie bei einer 3 Tafelprojektion. Für Umsteiger sicherlich ein guter Einstieg.
Fräser usw. können der Konstruktion zugewiesen werden um CNC-Daten ausgeben zu können.
Eine Art Korpusgenerator ist auch vorhanden.
Ich persönlich habe nur 2 Vorführungen (Anfang 2009) vom Hersteller bekommen und fand das nicht so ausgereift.
Allgemein scheint es, das Teile des Programm noch in Lisp geschrieben sind.
Persönlich sind mir die Verkäufer zu Aggresiv.

imos (imos AG - Interior Design Software)
Diese Programm basiert auch auf AutoCAD und kann ebenfalls als OEM-Version erworben werden.
Das Programm gleidert sich grob in 2 Programmteile zum Konstruieren:
Den Artikeldesigner: Dies ist ein Korpusgenerator.
Den Objectdesigner: Hiermit können aus 2D-Zeichnungen 3D-Modell erstellt werden.
Die Einarbeitungszeit ist meines Erachtens hoch. Es werden einige Bibliotheken an Beschlägen (u.a. Hettich) mitgeliefert.
Die Anlage solcher Beschläge ist sehr Aufwendig und (in meinen Augen) nicht immer logisch. Wenn man dann noch die Aussage bekommt, das man "einfach probieren sollte, bis es passt" scheint es, das die MAs des Herstellers auch nicht immer Wissen wie es muss.
Der große Vorteil dieser Arbeit steckt in dem hohen Grade der Automatisierung. Beispiel: Bei einem Schrank wird die Tiefe um 100mm verkleinert und die Schubkästen passen inkl. der kürzeren Führungen direkt an.
CNC-Daten können direkt für die Maschine ausgegeben werden.
Die Bedienung ist meines Erachtens (ich habe 1 Jahr damit gearbeitet) nicht unbedingt intuitiv.
Beim Objectdesigner sehe ich noch als Problem an, das Änderungen von hand immer gespeichert werden müssen und diese selbst wenn sie (später) wieder gelöscht werden beim Aufbau des Modells immer durchlaufen werden müssen. Liegen viele 2d-Geometrien als Vorlage übereinander wird dies schnell unübersichtlich.
Solange ich im Korpusbau bleibe ist dies sicher eines der besten Programme, aber bei freier Konstruktion stößt man schnell an seine Grenzen.
Wird bei einem Teil, was schon einmal als CNC-Programm generiert z.B. wurde eine Bohrung hinzugefügt bekommt die Datei einen neue ID und ein neues CNC-Programm. Dies Füllt das Verzeichnis schnell um einige an Dateileichen.
Jedes Möbel wird als Projekt in der Projektverwaltung gespeichert. Die Projekt liegen alle in einem Pfad. Das kann auch schnell unübersichtliche werden, wenn viele Projekte erstellt werden.

Pascam (www.pascam.de)
Dies Programm basiert auf Solidworks.
Es kann frei konstruiert werden. Die grenzen sind eigentlich nur die Fertigungsmöglichkeiten.
Da das Programm auf Solidworks basier, ist eine Stärke die Konstruktion von Metallkomponenten, automatischer Zeichnungsableitung und Stücklistenerstellung. Das Programm ist auch ein (richtiger) 3D-Modellierer, der Historienbasiert arbeit. Das heisst, das man alle Schritte im nachhinein noch abändern kann.
Teile wie Seiten usw. werden als einzelne Dateien abgelegt, die auch mehrfach in verschiedenen Möbeln verbaut werden können.
CNC-Daten können an Beschläge angehängt werden und als vorgefertigte Bearbeitung an die Platten angebracht werden.
Ein Korpusgenerator gibt es nicht, aber es können Korpen usw. erstellt werden, die als Vorlage dienen.
Das Programm ist meines Erachstens intuitiv zu bedienen.

TopSolid Wood (TopSolid: Specialist in integrated CAD CAM software solutions)
Dieses Programm basiert auf Topsolid und hat den Holzteil integriert.
Über dies Programm findet man leider nur sehr wenig information im Internet und die Reseller geben auch nur sehr widerwillig Infos raus. So sehr verbreitet ist das Programm in Deutschland noch nicht.
Dies Programm ist ein 3D-Modellierer. Ein Korpusgenerator ist nicht vorhanden.
Ich habe dort mal einen "Schnupperkurs" mitmachen dürfen. Die Bedienung ist intuitiv, allerdings ist einiges in verschachtelten Menüs versteckt. Mir kamen die MAs des Reseller etwas komisch da man z.B. Material zu diesem Schnupperkurs nicht mitnehmen durfte.
Wiederverwendung von Teilen (z.B. Seiten) ist so ohne weiteres nicht möglich, soweit dies der Reseller sagte.
Ein Gimmick, was viele Anwender anzieht ist natürlich die Simulation der CNC-Fräsungen mit dem 3D-Modell der eigenen CNC-Maschine.
Aber das schaut man sich wahrscheinlich ein Halbes Jahr an und dann hat man es genug gesehen. Was in meinen Augen Seltsam ist, ist das alles was im Internet zu finden ist und bei den Schulungen gezeigt wird immer nur Massivholzmöbel sind.

Das erst einmal von meiner Seite.
Ich arbeite zur Zeit mit keinem der oben genannten Programme, aber wir wollen und im nächsten Jahr noch mal nach einem umschauen.

Wer noch andere Programme kennt oder seine Meinung zu den oben genannten Programm hat soll einfach seinen Teil schreiben.

Grüssle, Bug
 

woodplan

Gäste
ich, der erste

Hallo bug,
sieht so aus als ob die Kollegen zu diesem Thema nichts zu sagen haben. Also fange ich mal an.

Zunähst etwas zu deinen Vorbemerkungen:

Der Detailierungsgrad der Beschläge ist schon bestimmend, es macht ja keinen Sinn 3Dimensional zu Konstruieren und anschließend 2D Beschläge zu verwenden. Aus meiner Sicht sollte jedem klar sein dass es ein ganz entscheidender Unterschied ist ob ich „Zeichne“ oder „Konstruiere“ Wenn 3D konstruiert wird, komme ich an 3D Beschlägen nicht vorbei. Auch das Thema ERP/PPS beantwortet sich doch eigentlich von alleine, ein Professionelles CAD/CAM System und eine Branchensoftware wie OSD, Kuhnle, HundH, etc. einzusetzen und nicht zu verknüpfen ist nicht wirklich professionell.
Übrigens sind die hier genannten weder PPS noch ERP Systeme, diese beginnen bei Anwendungen wie INFORM, Navision, BORM, und SAP. Für die meisten Tischler 5 Nummern zu groß.

"das kriegen wir schon hin" bekomme ich auch oft mit, wobei eben doch sehr viele Kollegen Ihre Meinung bereits ausgeprägt haben. Da braucht’s nur einen Vertreter der „dass“ erzählt was Sie
(die Kollegen) hören wollen. Das ist so ziemlich das gleiche wie bei der Auswahl von CNC Maschinen, fragt man mal nach, was den Ausschlag gegeben hat, kommt die Antwort „ hat mir gut gefallen “ „ Der Vertreter hat einen kompetenten Eindruck gemacht “ usw. usw. also nicht wirklich aussagefähige messbare Argumente.
So da es nichts im TV gibt das mich interessiert, schreibe ich also weiter.
Ich möchte auch kein anderes Programm schlecht machen, obwohl ich das immer wieder ungewollt tue, ich kann nur zu IMOS etwas sagen. Erst einmal erlaube ich mir deine Ausführungen in einigen Punkten zu berichtigen.

Jedes Möbel wird NICHT als Projekt sondern als „Artikel“ in der „Artikelzentrale“ gespeichert, ( ist so etwas wie eine Bibliothek ). In diesem Pfad kann der Anwender ein Verzeichnis und Unter- Verzeichnisse anlegen und auf diese Art und Weise Ordnung halten. Wenn du alle Plattenreste ins Plattenlager zurückstellst ist das Plattenlager auch bald unübersichtlich. Dass liegt doch nicht an den Plattenregalen oder am Stapler.

- Das mit den neu generierten CNC Programmen ist so auch nicht richtig, wird ein neues CNC Programm generiert, für ein Bauteil das schon eines hatte, wird das alte gelöscht. Ein Problem gibt es immer bei bereits gedruckten Fertigungsunterlagen. Wird in diese die CNC Programm Nr. ausgegeben und das Programm neu generiert, muss die entsprechende Seite nochmal gedruckt werden, das CNC Programm hat ja jetzt einen anderen Namen.

- Die Bedienung der Software ist für die Möglichkeiten die Imos bietet schon intuitiv, leider ist Imos sehr strukturiert, wir im Handwerk sind das aber nicht in dieser Form so gewohnt, schon die Ausbildung in der Berufsschule kommt da einfach nicht mit. Ich versuche immer wieder Anwendern zu erklären das Bauteil bezogene Daten doch „Logisch und Wahr“ sein sollen, aber es ist nicht leicht dass einzuhalten. Wenn ein Tischler einen Korpus für einen Kunden zum Transport vorbereitet, stellt er doch die Teile auch beisammen, er könnte aber auch die Rückwand in den Keller und die Fachböden auf den Dachboden bringen. Ist eben Ansichtssache, die Arbeitsorganisation.

- Deine Ausführungen zum Objektdesigner kann ich teilweise nicht nachvollziehen, mit den 2D Geometrien lässt sich sehr einfach über Layer lösen. Mit dem speichern verstehe ich nicht, wird etwas geändert und diese Änderung soll „bewahrt“ werden ist es doch logisch das ich speichern muss.

- Was Du hier geschrieben hast verstehe ich nicht:

„Beim Objectdesigner sehe ich noch als Problem an, das Änderungen von hand immer gespeichert werden müssen und diese selbst wenn sie (später) wieder gelöscht werden beim Aufbau des Modells immer durchlaufen werden müssen“

- Auch mit deinem Einwand zu den freien Konstruktionen bin ich überhaupt nicht einverstanden: Imos ist kein „Volumen- Modellierer“ das verschneiden von Bauteilen basiert immer nach der Prämisse das die Bauteile aus Plattenförmigen Materialien auf CNC- Holzbearbeitungsmaschinen gefertigt werden können. Die Bauteile bestehen aus zwei Flächen und den Schmalseiten (Kanten), eben nicht aus einem Volumenkörper.
Bei Windschiefen, einseitig bzw. mehrseitig verzogenen Bauteilen ist Imos am Ende, aber mal im Ernst, wie oft hast Du solche Bauteile, mit welcher Maschine bearbeitest Du diese?
Wen diese nur zur Darstellung in der Zeichnung benötigt werden kannst Du immer ein Auto Cad 3D Volumenkörper erstellen und verschneiden.

SO, ich habe fertig.
Jetzt zum wesentlichen:
Für mich ist folgendes wichtig:
- Bei Imos beschäftigen sich mehr als 50 Mitarbeiter mit EINER Software, diese ist nur für die Anwendung bei Tischler-, Innenausbau- und Systemmöbelfirmen gedacht. Nicht für Architekten, Offenbauer oder/und Fliesenleger.

- Imos ist meines Wissens die einzige Anwendung die Intelligente Beschläge kennt, hier sind die Beschläge mit frei Editierbaren Merkmalen versehen. Ein Topfband hat ein Merkmal „Aufschlag“, dieser ist entsprechend der Empfehlung des Herstellers gesetzt. Beim Aufbau der Konstruktion werden zunähst diese Merkmale geprüft, sind diese erfüllt wird der Beschlag eingebaut, sind diese nicht erfüllt wird ein anderer Beschlag eingebaut. Ist für diese Art und Weise der Konstruktion noch kein Beschlag verwendet worden, werden die entsprechenden Beschläge vorgeschlagen, und zwar nur solche die für diese Konstruktion in Frage kommen, „Siemens-Lufthaken“ hat Imos aber auch nicht. Wird eine Tür mit einem negativen Aufschlag, also einer Fuge zur Seite, eingebaut, wird hier ein „einschlagendes“ Topfband eingebaut. Diese Funktionen sind in allen Beschlags- Gruppen vorhanden.

- Imos arbeitet mit Global wirkenden Variablen, diese sind sehr mächtige Werkzeuge.

- Bei Imos ist die Preis- Leistung sehr gut, es ist nicht billig, aber für den Professionellen Funktionsumfang eine Preiswerte Lösung. Mit anderen Worten „es ist sein Geld wert“

- In der Version 9.0 ist die 3D Bearbeitung, direkt am Bauteil integriert, klasse Funktion, gerade bei freien Konstruktionen.

- Imos hat Sehr gute Schnittstellen zu allen CNC Maschinen und Zuschnittsägen.


Eine Empfehlung an alle die sich mit dem Gedanken beschäftigen eine CAD/CAM Software anzuschaffen:
Erstellt ein Pflichtenheft, lasst euch von den Vertretern, Anwender nennen die mit der Software so durchgängig arbeiten wie Ihr das machen möchtet. Wenn euch ein Vertreter auf diese Frage antwortet „ ich bin ja eigentlich für einen anderen Bereich zuständig, muss erst einmal in der Zentralle nachfrage“ könnt Ihr die Software und den Vertreter abhaken.

Ich will hier jetzt aufhören, soll ja noch für die Anderen Platz bleiben.

Gruß aus Berlin
 

Tuerenschreiner

ww-kiefer
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13. Dezember 2008
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Kirchheim/N .
Hallo erstmal,
na das ist doch ein Beitrag nach meinem Geschmack!
Kein " meiner ist aber länger als deiner" sondern sachliche Argumente, natürlich aus der jeweiligen persönlichen Erfahrungn heraus.
Ich setze in meinem 5-Mann Betrieb Pascam Woodworks und SolidWorks ein. SW hab ich seit 1998, Pascam Woodworks seit 2003. Vorher hab ich seit 1990 mit einem 2.D-Cad gezeichnet. Also Erfahrung hab ich genug.
Gründe für den Umstieg auf ein 3D-Cad waren damals vor allem die Präsentationsmöglichkeiten der Modelle. Was sich auch bewahrheitet hat.
Vor allem seit der Einführung von woodworks 2003 trat die Konstruktion und die Zeichnungserstellung immer mehr in den Vordergrund. SW ist ja ein Mechanik-Cad und erst Woodworks bringt die Holzspezifischen Eigenheiten in SW ein. Das größte Plus für Woodworks ist sicher die Universaltät der Konstruktion. Egal ob Möbel, Ladenbau oder Haustüre - alles geht. Unser Betrieb hat sich den letztenJahren vom Bau- und Möbelschreiner zum haustürenhersteller entwickelt - die Software ist immer noch die gleiche und passt! Das kann für Betriebe mit mehreren Abteilungen wichtig sein. Und da SW ja eigentlich ein Mechanik-Cad ist mach ich auch gleich noch unsere Sonderstoßgriffe und Edelstahlbleche einschl. Abwicklungen für die Laser-CNC ohne Umwege- für mich passt das ideal.
Der wesentliche Fortschritt den Woodworks in SW einbringt sind die Automatismen wie Verbinder, Teilebeschreibungen, Profilgenerator und Variablenmanager. Dadurch werden Konstruktionszeiten wie mit einem Generator erreicht - ohne die Flexibilität aufzugeben. In Verbindung mit der Parametrik und Featuretechnik die SW sowieso mitbringt ist das System SW/Woodworks für mich fast ideal für vielfältigen Aufgaben der Schreiner.
Eine gute Grund - und Aufbauschulung kann ich nur empfehlen. Anfängerfehler können später sehr viel Geld kosten. Viel mehr als die Schulungen. Der langfristige Erfolg ist wichtig - nicht die schnelle billige Lösung

Abendliche Grüße aus Kirchheim
Hans
 
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