Bau einer Stabelle / Füße verjüngen

dominikh

ww-ahorn
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Guten Morgen,

ihr werdet evtl. denken, ihr lest nicht richtig, allerdings meine ich es ernst :emoji_slight_smile:.
Ich habe noch etwas Kiefernholz übrig und würde das gerne mal ausprobieren - hier eine kurze Erklärung, für jene, die mit dem Begriff nichts anfangen können: Stabelle ? Wikipedia

Drei Fragen hätte ich diesbezüglich:

1. Die Rückenlehne ist ja meist gerundet - wird hier generell so vorgegangen, dass man das Blatt erst zu einem dickeren Stück verleimt und dann die Rundung rausarbeitet?

2. Die Beine werden in die Gratleisten gezapft, welche in die Sitzfläche eingearbeitet sind. Die Rundung des Zapfens wird wohl in der Regel mit einem Zapfenschneider gemacht? Gibt es Alternativen?

3. Die Beine sind ja meist vier- oder achteckig verjüngt. Wie geht das am saubersten? Dachte an eine Vorrichtung für den Abricht-/Dickenhobel oder die Tischkreissäge - aber bin mir noch nicht im Klaren, wie ich das gleichmäßig hinbekomme...

Bin für jeden Hinweis dankbar :emoji_slight_smile:!

Vielen Dank im Voraus,
Gruß Dominik
 

Sägenbremser

ww-robinie
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Hallo Dominik

schönes Projekt hast du dir ausgesucht.

Die Rückenlehne verjüngt sich zum Sitz hin
auch noch, also müssen die einzelnen, schmalen
Lamellen auch noch konisch sein. Die Leimflächen
auf der Abrichte leicht nach Aufriss schräg anhoben.
Das Verleimen ist aber nicht ganz einfach. Nicht alle
Stühle hatten eine gebogene Rückenlehne. Auch die
Verzapfung im Sitzbrett ist nicht einfach bei einem
gebogenen Rückenteil. Wichtig ist das die Zapfen unter
dem Sitzbrett an den Gratleisten anliegen, das gibt erst
den starken Halt der Lehne, oder gleich durch die Grat-
leiste durchzapfen und verkeilen.

Das Anarbeiten des Zapfens geht natürlich am besten
auf der Drechselbank. Wenn nicht vorhanden, brauchst
du zwei runde Scheiben die du auf den Rohling der Füsse
aufstecken kannst um an der Kreissäge den Zapfen anzu-
fräsen. Nach Vorschrift braucht es dazu eigentlich eine
Kehlscheibe, aber für einen Stuhl wird es auch ein starkes
Sägeblatt tun. Anschlag schräg zum Sägeblatt stellen und
das Stuhlbein gleichmässig drehen, nur wenig weiter nach
vorne schieben. Bekommst so eine schöne Kehlung hin.

Die Stuhlbeine erst einmal aus dem Rohling an der TKS
4seitig verjüngen, die anderen 4 Platten auf der Hobelbank
von Hand machen. Für einen Stuhl scheint mir da der Auf-
wand einer Vorrichtung zu aufwendig. Wenn du sehr sicher
an der Abrichte bist, geht das auch mit einem 8eckigen Brett
als Führungshilfe am Zapfen, das geht natürlich schneller. Da
solltest du aber einen Anschlag auf den Abnahmetisch zwingen,
sonst rutscht du bestimmt mal in die Hobelwelle rein.

Hast du einen alten Stuhl als Vorlage? Würde ich mir besorgen.
Macht es schon einfacher die Maße abzunehmen.

Viel Erfolg, Harald
 

v8yunkie

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Stuhl

Kann man so einen Stuhl tatsächlich aus Kiefer herstellen - ist das nicht zu weich, speziell an den Verbindungen?

Gruss,
Thomas
 

dominikh

ww-ahorn
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Danke Harald für deine Antworten - bin noch am grübeln... da kommen bestimmt noch Rückfragen :emoji_slight_smile:.

An Thomas: Ich glaube schon davon gelesen zu haben, dass solche Stühle auch komplett aus Zirbe (die Schweizer sagen gern Arve dazu) gebaut wurden - was noch weicher ist. Aber ich habe auch schon Ausführungen gesehen, wo die Gratleisten und die Füße aus Lärche waren. Insofern kann ich mir vorstellen, dass das Ganze auch aus Kiefer alleine stabil genug sein soll - ich hätte aber auch ein wenig (sibirische) Lärche zur Hand...

Gruß,
Dominik
 

Sägenbremser

ww-robinie
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Ja Thomas das geht

das besondere an diesen Stühlen ist, das es
möglich werden kann ein gerade günstig zur
Hand habendes Holz zu verwenden.

Im dörflichen Umfeld konnte man früher nicht
zum gut sortierten Holzhändler gehen, da wurde
verwendet was vorhanden und für gut befunden
worden ist.

Wir haben die in Oberbayern auch passend zu den
sonstigen Einbauten aus Zirbenholz gemacht. Schön
leicht, stimmig in der Anmutung und bei der richtigen
Ausführung für mehr als eine Generation gut.

Wenn alpenländische Lärche zur Verfügung steht, ist
das natürlich die bessere Wahl. Über sibi. Lärche wollen
wir mal lieber nicht weiter reden. Da gibt es auch sehr
gute Ausformungen von, nur die habe ich schon lange
nicht mehr in die Hände bekommen. Sibirien ist schon
das grösste, zusammenhängende Nadelholzrevier auf
der Welt, fängt aber schon in Nordchina an und wer mal
Bilder/Filme vom dort getätigten Raubbau gesehen hat,
wird bestimmt keine Lust mehr verspüren diese Holz
auch weiterhin verarbeiten zu wollen.

Gruss, Harald
 

dominikh

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Hallo Harald,

die sibirische Lärche ist eher ein Produkt des Zufalls in meiner Werkstatt. Ich bin damals zu meinem Holzhändler und sagte ihm, dass ich Lärche Schnittholz brauche. Dann sind wir quer durch die Hallen und er hievt von oben einen Stapel Bohlen runter... bis ich mal nachgefragt habe und meinte: "Das ist sibirische oder?" - was er bejahte. In dem Moment dachte ich mir - ist gut: hätte ich früher sagen sollen, er hat ja extra schon den Stapel runtergeholt - und ich hab eine Bohle mit...
Ich muss aber zugeben, dass es ein sehr schönes (meiner Meinung nach) Holz mit ruhiger Maserung ist. Die europäische Lärche die ich zuletzt verarbeitet hatte, war hier bei weitem nicht so angenehm und hatte auch einige Äste (wobei ich die nicht selbst ausgesucht hatte!).

Zu der Sitzlehne: ich würde schon eine gerundete Sitzlehne präferieren. Die Verjüngung zur Sitzfläche hin bringt mich weniger aus der Ruhe, aber die Rundung an sich schon. Sollen hier die Kanten nicht im rechten Winkel gefügt werden? Wenn ja - wie verleimt man das am besten? Außerdem: bei den Leimfugen würde ja Kanten entstehen - wenn man die abrundet, ist ja das Holz an dieser Stelle dünner - und das sieht doch auch bescheiden aus.

Auch das mit der Rundung des Zapfens ist mir noch nicht ganz klar - und warum hier gekehlt wird bzw. wie das Ganze aussehen soll. Aber das muss ich mir eindeutig nochmals durchdenken.

Gruß,
Dominik
 

Sägenbremser

ww-robinie
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Guten Morgen Dominik

es gibt ein schönes Buch über alte Möbel.

Konstruktion alter Möbel - Klatt/Himmelheber

da sind auch einige Aufrisse von alpenländischen
Möbeln als Beispiel abgedruckt. Gibt es gebraucht
ab 30 Euro, eventuell mal bei Amazon suchen.
Meines hat leider nicht wieder den Weg zu mir
zurück gefunden:mad:

Denke auch das der Bau der Rückenlehne in der
Form aus zwei massiven Holzteilen besser passt.

Die Zapfen an den Füssen könntest du auch in
abgesetzter Form machen, ist bei einem schräg
eingebohrtem Teil aber nicht ganz einfach. Der
Vorteil des angedrehten, leicht konischen Zapfens,
er kann nachgeschlagen werden und sitz so auch
auf Dauer wackelfrei in der Gratleiste.

Habt ihr auch solch tolles Wetter in Österreich?
Schönen Tag wünsche ich, Harald
 

dominikh

ww-ahorn
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Guten Morgen Harald,

das Buch scheint ja nicht so leicht zu einem vernünftigen Preis zu bekommen zu sein... :emoji_frowning2:

Das muss ich einfach mal ausprobieren und schauen, wie das aussieht... Vielleicht schaffe ich es ja von Hand, einen sauberen, leicht konischen Zapfen hinzubekommen. Mit einem eingetriebenen Keil sollte das ja auch wackelfrei machbar sein.

Das Wetter hier ist momentan herrlich - zu schade, dass ich arbeiten muss. Es ist im wörtlichen Sinne zum Dahinschmelzen. Untertags derzeit knapp an die 20 °... Und dennoch wird noch eifrig Ski gefahren - auch wenn man in letzter Zeit die Hubschrauber (gefühlt) noch öfter anfliegen hört ("patziger" Schnee :emoji_wink:).

Ebenfalls einen schönen Tag :emoji_slight_smile:,
Dominik
 

dominikh

ww-ahorn
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Heute am Abend noch kurz in der Werkstatt gewesen und meine ersten zwei Gratleisten gemacht :emoji_slight_smile:.

Zuerst die zwei Gratnuten in die Sitz-Unterseite gefräst, anschließend die Gratfedern zugeschnitten, auf Maß gehobelt und anschließend gefräst. Mal eben noch probiert ob das zusammenpasst - und: passt :emoji_slight_smile: - beinahe zu gut.

PS: Sitzfläche und Gratleisten sind noch nicht auf Maß geschnitten :emoji_wink: - und: ich arbeite vorerst ohne konkreten Plan.

Gute Nacht,
Dominik

stabelle-gratverbindung.jpg
 

dominikh

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Guten Abend,

war heute wieder in der Werkstatt. Die Beine wurden auf der TKS 4-seitig verjüngt und anschließend wurde mit Ziehmesser und Schabhobel aus dem Viereck ein Achteck :emoji_slight_smile:.
Außerdem wurden die Lamellen für die Rückenlehne ausgehobelt, im Winkel zugeschnitten und mit Klebeband verleimt.
Nachfolgend noch ein Bild beim Überprüfen, ob die Winkel auf der Längskante der einzelnen Lamellen für die Rückenlehne passen.

Schönes Wochenende,
Dominik

stabelle-rueckenlehne.jpg
 
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