Ölen=gesund?

uli2003

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Ich stelle das Thema hier mal ein, um herauszufinden wie das allgemeine Denken zu diesem Thema ist.

Sind geölte Möbel/Treppen/Parkette wirklich 'gesünder'?

Es gibt ein paar Handvoll Menschen, die wirklich reine Öle (Leinöl etc.) verwenden, aber seien wir doch mal ehrlich - die Öle sind von den Lacken nicht mehr weit entfernt.

Über Sikkative verliert kaum jemand ein Wort, andere schädliche Inhaltsstoffe werden anteilsmäßig unterhalb der Deklarationspflicht beigemischt, und wenn ich bei meinem Großhändler mal warten muss und die Bestellungen im Regal sehe, steht bei fast allen Fußbodenölen ein Döschen Härter dabei, der dem Öl die nötige Festigkeit (I.d.R. für die Gewährleistung des Handwerkers) verleiht.
Mit einem bunten Strauß an Lösemittels und Isocyanaten darin.

Alles mehr Schein als sein?

Grüße
Uli
 

Mitglied 59145

Gäste
Hallo Uli,

ich gebe zu mich in diesem Thema nicht genau auszukennen. Aber Öle mit Härter oder welche die UV Lampen gehärtet werden nutzen wir nicht! Kurzum wir nutzen die MAterialien von Natural-Farben und sind damit sehr zufrieden, auch Fragen und Probleme werden da gut behandelt.
Auch ist uns durchaus bewusst das auch natürliche Lösungsmittel "weich" machen. Also Handschuhe und gute Belüftung sind zwingend erforderlich, alleine schon weil ich von den Terpenen sehr schnell Kopfschmerzen kriege.

Auch muss ich ehrlich sagen, dass ich lackieren in einer Kabine mit Absaugung und Atemschutz angenehmer empfinde. Aber wie gesagt mag ich diese Gerüche wirklich nicht!

ICh empfinde das durchaus ähnlich wie du, fühle mich aber mit unseren PRodukten durchaus wohl.

Gruss
Ben
 

WinfriedM

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Viele für Profis optimierte Öle von konventionellen Herstellern unterscheiden sich von problematischen Inhaltsstoffen kaum von Lacken.

Bei den Naturfarbenherstellern siehts anders aus: Volldeklaration, da gibts nichts unterhalb einer Deklarationsgrenze, was nicht erwähnt wird. Heutige Sikkative werden als unproblematisch angesehen, man verzichtet z.B. mittlerweile auf Kobalt und setzt auf Mangan und Zirkoniumverbindungen. Als Lösemittel findet man Isoaliphate, die nahezu geruchlos sind und auch als unproblematisch gelten. Viele Öle brauchen auch gar keine Lösemittel mehr.

Hier mal als Beispiel Auro 123:
https://www.auro.de/de/produkte/holzfussboden/oele/123-pursolid-hartoel/

(Volldeklaration anklicken)
 

ChrisOL

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Hallo Uli,

du stellst eine rhetorische Frage, deine Meinung ist ja klar rauszulesen :emoji_wink:

Ich beschäftige mich nur privat mit dem Holzwerken. Für mich und mein privates Umfeld wird Öl als etwas natürliches wahrgenommen, und damit könnte man natürlich = gesund assoziieren. Klar ist das stark vereinfacht, aber es ist ja auch nur eine Wahrnehmung.

Lack, wieder stark vereinfacht, ist doch in der Wahrnehmung Chemie und diese wird per se Mal nicht als gesund angesehen.

Fakten sind für viele einfach nicht von Interesse, getreu dem Motto:
"meine Meinung steht fest verwirren sie mich nicht mit Tatsachen."

Persönlich hat sich meine Meinung da in der letzten Zeit, auch dank des Hobbies gewandelt. Ich habe lackierte Treppenstufen. Ganz bewusst lackiertes Parkett und nicht geölt + UV gehärtet. Möbel öle ich gerne da es für mich einfacher ist, und man einfach nachpflegen kann. Bei Massivholzmöbeln unterstreicht das Öl für meinen Geschmack sehr gut die Maserung und die Anmutung von Massivholz.

Je nach Anwendungsfall sollte man die passenden Materialien verwenden.

Mich würde interessieren wie zu der Frage kommst, gibt es verstärkte Kundenanfragen?
 

welaloba

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Synthetikwachs

Hallo Uli,
wir waren letztes Jahr in einem Frankfurter Chemieunternehmen (u.a. im Industriepark Höchst ansässig), es gab eine Betriebsführung in der Wachsherstellung.
Die Wachsfabrik produziert dort ich weiß nicht wieviele Tonnen täglich "Wachs" aus Mineralöl. Da herausgelöst mit einem Lösemittel, dessen Name ich vergessen habe, für den es dort Pipelines gibt, so häufig wird der gebraucht.
Mein Gedanke dabei war: Hartwachsöl - schön und gut - aber wie dieses Zeug massenhaft in den Regalen steht, so viele Bienen und so viele Carnaubapalmen (Hartwachs) kanns auf der ganzen Welt nicht geben. Ende Gedanke. Trotz allem verarbeiten wir Hartwachsöl z.B. von Osmo parallel zu Nitrolacken und parallel zu reinem Schellack. Immer entsprechend dem Werkstück. Hartwachsöl macht sich zB. hervorragend auf Palisander und Teakfurnieren auf Möbeln aus den 1960ern. Isso.
Gruß Werner
PS: Früher haben wir unsere Fußböden zu Hause mit Leinölfirnis als Halböl bearbeitet, da wissen wir beim Terpentin auch nicht so recht...
 

zündapp

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Das ist eine gute Frage. Im Vordergrund stehen halt immer die technischen Eigenschaften und die Optik. Gesundheit und Umwelt stehen meist nicht so im Vordergrund, wenn es um die Kaufentscheidung geht.

Gerade will ich meine Bank vor dem Haus neu streichen. Steht ganzjährig im Freien. Schattig und etwas regengeschützt. Ich dachte an Osmo-Landhausfarbe. Weil sie nicht abschuppt. Und bei Osmo dachte ich, wird schon irgendwie gesund sein, die machen ja auch Öl und so.

Jetzt schaue ich doch noch mal lieber aufs Datenblatt.

Gruß

Wolfgang
 

andama

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Im Freien hätte ich kein Problem, dann lass sie unbehandelt in Ehren ergrauen.
 

Georg L.

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Bei Heidelberg
Und bei Osmo dachte ich, wird schon irgendwie gesund sein, die machen ja auch Öl und so.
Erstens, warum soll das Osmo Produkt ungesund sein, nur weil es vielleicht ein synthetisches Wachs enthält? Natürlich bedeutet nämlich nicht automatisch auch gesund. So sind z.B. die stärksten bekannten Gifte alles "Naturprodukte" und keine synthetischen Erzeugnisse.
Zweitens, alle der größeren Naturfarbenhersteller (Livos, Auro usw.) und sicherlich auch viele kleine, verwenden als Bestandteile ihrer Produkte chemisch modifizierte Naturprodukte. Als Beispiel einmal die Deklaration von Kunos Arbeitsplattenöl von Livos: Isoaliphate, Leinöl-Standöl-Naturharzester, Ricinenöl-Naturharz-Ester, Holzöl, Leinöl, Naturharzglycerinester, mikronisiertes Wachs, Kieselsäure, dehydrierter Aminozucker und bleifreie Trockenstoffe (Ca, Mn, Zr).
Die blau hervorgehobenen Bestandteile wurden durch physikalische Verfahren (Destillation, Trocknung) auf bestimmte Eigenschaften optimiert.
Die rot hervorgehobenen Bestandteile wurden chemisch modifiziert, d.h. durch chemische Reaktionen wurden die Bestandteile verändert, um ihnen gewünschte Eigenschaften zu geben. Bei diesen Verfahren werden Chemikalien zugesetzt um die Reaktion zu beschleunigen oder überhaupt zu ermöglichen. Außerdem erfolgen diese Reaktionen in der Regel in einem Lösungsmittel. Normalerweise werden diese Chemikalien und Lösungsmittel nach erfolgter Reaktion wieder entfernt, aber wieviel davon noch im Produkt verbleibt erscheint auf keiner Deklaration, genausowenig wie unerwünschte Reaktionsprodukte.
Außerdem erscheint in der Deklaration "mikronisiertes Wachs" (grün hervorgehoben). Was für ein Wachs? Bienenwachs, Caranubawachs? Oder doch synthetisches Paraffinwachs?
Also für mich sind da die Unterschiede zu Kunstharzlacken icht so groß, als dass ich mir bei Verwendung dieser mehr Sorgen um meine Gesundheit machen müsste. Überhaupt geht es bei Öko Farben eher darum, dass sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und nicht darum "gesünder" als synthetische Produkte zu sein. Ob nämlich ein Terpen aus dem Destillat eines Naturharzes kommt oder einem Chemielabor, ist dem Organismus der darauf allergisch reagiert ziemlich egal.
 

WinfriedM

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Isoaliphate stammen aus der Petrochemie. Dieser synthetische Stoff wird heute von Naturfarbenherstellern bewusst gewählt, weil er weniger problematisch als natürliche Lösemittel ist. Ähnlich ist es bei Wundcremes, wo gerne auf Vaseline als Basis zurückgegriffen wird und nicht auf pflanzliche Öle, auch wegen besserer Verträglichkeit.

Mikronisiertes Wachs: Ist in aller Regel ein Paraffinwachs, was als völlig unbedenklich gilt. Warum Livos hier nicht auf natürliche Wachse zurückgreift, finde ich auch etwas inkonsequent. Aber vermutlich wird es dadurch in der Verarbeitung wesentlich besser.

Auro hatte mal ein Büchlein, was sich "Sanfte Chemie" nannte. Da wurde unterschieden zwischen "sanfter chemischer Veränderung" und "starker chemischer Veränderung". Und eine Selbstverpflichtung, nur sanfte Verfahren zu nutzen, wodurch keine synthetischen Stoffe im klassischen Sinne entstehen. Ob man hier eine klare Grenze ziehen kann, erscheint mir aber auch nicht ganz einfach. Auch die Idee, dass bei bestimmter Intensität der Veränderung ein Stoff zum Problemstoff wird, erscheint mir nicht so schlüssig oder einfach.

Was die giftigsten Substanzen angeht: Ich glaube, das sind synthetische Stoffe. Ich denke da z.B. an das Nowitschok oder anderen chemischen Kampfstoffen. Die Natur bietet aber definitiv auch extrem giftige Sachen an.
 

zündapp

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..... Die Natur bietet aber definitiv auch extrem giftige Sachen an.
Als Pilzsammler kann ich das bestätigen.

Jetzt staune ich, wie tief hier einige in die chemischen Komponenten und ihre Eigenschaften eingestiegen sind.

Aber dennoch: ich empfinde die hier genannten Öl-Hersteller als "natürlicher" und würde ihnen eher als "schadstoffarm" vertrauen. Aber das gründet sich eher auf das Image der Marken als auf irgendwelche belastbaren Kenntnisse.

Man kann halt leider nicht alles wissen.
 

Georg L.

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Jetzt staune ich, wie tief hier einige in die chemischen Komponenten und ihre Eigenschaften eingestiegen sind.
Das liegt z. B. daran, dass ich beruflich damit zu tun habe und sich mir oft die Fußnägel aufrollen ob dem Unsinn der hier teilweise verbreitet wird.
 

IngoS

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Hallo Georg,

danke für deine interessanten Ausführungen.
Die bestärken mich darin, wo es irgend geht,
eine Oberflächenbehandlung des Holzes einfach weg zu lassen,
zumal das oft von den Kosten und dem Arbeitsaufwand her,
den Nutzen nicht aufwiegt.

Gruß

Ingo
 

ChristophW

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die wirklich reine Öle (Leinöl etc.) verwenden
Ich benutze eigentlich immer Leinölfirnis bisher hat mir das ausgereicht, ich brauch aber auch keine Hochglanzflächen und schrupp auf den Möbeln nicht mit aggressiven Reingungsmitteln rum :cool:
Grund ist für mich das es so wenig Problematische Stoffe wie nötig enthält, sich leicht lagern, verarbeiten und entsorgen lässt.

Für gewisse Fälle benutze ich auch Wasserbasierten Lack oder lass es gleich unbehandelt. Marketing hin oder her, ich finde einfach man sollte versuchen unnötige Zusätze zu vermeiden, egal ob in Lack oder Öl, was nötig ist definiert aber leider viel zu oft der Preis oder eine angenommene Erwartungshaltung des Verbrauchers...
 

frankundfrei

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Schicht oder nicht Schicht - Holz sehen oder erfahren

Wenn Naturöle so modifiziert werden, dass sie am Ende wie eine Lackschicht das Holz zudeckeln, dann kann ich den Bedenken von Uli nur zustimmen.

Naturöle ermöglichen einen Schutz im Holz - so, dass die Haptik von der natürlichen Oberfläche erhalten bleibt. Neben der Offenporigkeit sehe ich hier den wichtigsten Vorteil.

Grüße aus Frangn

Frank von Natural-Farben.de
 

uli2003

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Im Grunde genommen bestätigen die Aussagen meine Meinung.
Ölen ist sicher eine nachhaltige und gesunde Oberflächenbehandlung, wenn sie denn natürlich erfolgt.
Natürlich springt die Industrie auf diesen Zug auf, und bietet auch geölte Oberflächen für die breite Masse an.
Was dann nicht mehr geht, sind Wartezeiten von 2-4 Wochen bei der Verarbeitung oder Reklamationen.
Also werden die Öle lackähnlich modifiziert, und zur Verbesserung der Haltbarkeit Cyanate zugesetzt. Verkauft wird dann unter dem Deckmantel 'natürlich geölt und wohngesund' :emoji_slight_smile:
 

WinfriedM

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...und das Ganze funktioniert nur, weil die Käufer nicht klar unterscheiden können, was noch halbwegs natürlich ist und was nur Schein ist. Die lesen nur Öl oder Wachs und meinen, es wäre natürlich.

Vielleicht würde ein Siegel helfen, was es nur gibt, wenn klare Kriterien von Natürlichkeit erfüllt sind. Unwahrscheinlich, dass sowas die nächsten Jahre kommt.
 

andama

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Ist das mit dem Öl nicht wie mit vielen Dingen im Leben. Wir wissen, dass nicht alles gesund ist und machen es, aus verschiedenen Gründen, weil es schön aussieht, weil es schützt, weil es Spaß macht....
 

Mitglied 30872

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Ist das mit dem Öl nicht wie mit vielen Dingen im Leben. Wir wissen, dass nicht alles gesund ist und machen es, aus verschiedenen Gründen, weil es schön aussieht, weil es schützt, weil es Spaß macht....

Na klar ist das so. Aber auch, weil wir uns oft keine Gedanken darüber machen, ob es vielleicht auch anders geht. Ingos Gedanken aufnehmend kann man sich schon überlegen, ob eine Oberflächenbehandlung tatsächlich immer Not tut bzw. der Aufwand gerechtfertigt ist. Grade wir Selbermacher haben ja die Möglichkeit dazu.
 
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