Frage an alle zum Thema Ausbildung

florian

ww-buche
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Hallo zusammen

Seit ca einem Jahr gibt es bei der HWK Saarland die Gesellschaft "PROFIL- Gesell(en)schaft der Handwerksbesten" welcher auch ich angehöre. Einer unserer Hauptaufgaben ist es Nachwuchs für das Handwerk zu gewinnen.

Daher jetzt meine Fragen an euch. (Gern auch antworten von nicht Schreiner):

-Was wünscht ihr euch als Ausbilder von den Azubis. Was müssen sie auf jeden Fall können, was ist nicht so wichtig?
-Was bietet ihr den Azubis damit sie Freude am Beruf und ihrer Ausbildung haben?
-Womit denkt ihr können interresierte Azubis gewonnen werden?

Azubis:
-Wie seid ihr zu eurem Handwerksberuf gekommen.
-Wie gefällt euch die Ausbildung? Was wollt ihr so beibehalten, was würdet ihr ändern? (Vorallem Inhaltlich, z.B. Lehrgangsthemen, Berufsschule...)
-Welche Werbung für eine Ausbildung würde (hat?) euch am meisten angesprochen.

Bin auch für weitere Ideen zur Nachwuchswerbung offen.

Schonmal vielen Dank für eure Antworten
Florian
 

Trips

ww-birnbaum
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Hallo,

also wenn keiner den Anfang macht, dann mach ich das einmal.

Also aus der Sicht des Ausbilders:

Das wichtigste wäre für mich natürlich, dass der Azubi/die Azubine Interesse am Beruf hat (Das ist ja nicht immer der Fall). Er sollte selbst zu diesem Entschluss der Ausbildungswahl gekommen sein. Nicht durch Eltern, Freunde oder dergleichen gedrängt oder beeinflusst worden sein.
Er muss in jedem Fall einen guten Umgangston, gute Manieren und selbstständiges Arbeiten vorweisen. Nichts ist schlimmer als ein unhöflicher Mitarbeiter, der noch dazu nichts macht.
Handwerkliches Geschick und technisches Verständnis wären natürlich von Vorteil, aber dafür ist ja auch der Betrieb da. Deshalb ist mir das Engagement wichtiger, als die bereits vorhandenen Fähigkeiten.
Kritikfähigkeit habe ich auch schon oft an Ausbildern vermisst, deshalb kann ich dies nur beschränkt von einem Azubi verlangen. Der Ton macht hier die Musik.

Ich selbst bilde nicht aus, da ich keine Schreinerei habe. Aber ich kann sagen, was ich mir selbst gewünscht hätte als Azubi.
Und zwar einen freundlichen Ton! Das Betriebsklima ist der absolut wichtigste Punkt meiner Meinung nach! Wer schon am Feierabend an den nächsten Morgen denkt und keine Lust hat, wieder in die Arbeit zu gehen, weil Cheffe oder Gesellen sich gegenseitig oder eben mich anpflaumen, wird man auch nicht sonderlich gut arbeiten.

Auch Situationen, in denen etwas schief geht, sollten nicht ausarten. In wildes Beschimpfen oder derartiges übergehen. Verständnis, auch wenn mir klar ist, unter welchem Druck ein selbstständiger Schreiner (oder Chef allgemein) steht, so hab ich meine Mitarbeiter dennoch mit Respekt zu behandeln. Der ein oder andere Chef nimmt es gerne persönlich, wenn jemand etwas verhaut. Ohne zu sehen, dass man es nicht mit Absicht gemacht hat.
Wer nicht arbeitet kann auch keine Fehler machen! Sollte man also lieber nicht arbeiten?!

Ordnung in der Werkstatt halte ich auch für einen wichtigen Punkt. Dinge sollten ihren Platz haben. Es sollte feste Regeln geben, an denen sich der Azubi orientieren kann.

Klare Anweisungen! Wer hat nicht schonmal was versemmelt, weil er etwas nicht verstanden und trotzdem gemacht hat, um nicht den Chef in Rage zu bringen, indem man nochmal nachfragt.

Ich denke das sind auch alles Punkte, mit denen Azubis geworben werden können. Allerdings sehen sie das erst in einem Praktikum oder ähnlichem.

Manch ein Azubi braucht Zuckerbrot und Peitsche, manche nur Zuckerbrot oder nur die Peitsche. Man sollte sich die Zeit nehmen um den Kerl oder die Dame kennenzulernen um auch zu sehen, wie sie arbeiten und wie sie ticken. Azubis haben auch ein Privatleben, gerade in der Phase auch mit vielen Problemen. Dass sie morgens nicht nur für die Arbeit aufstehen und vielleicht noch andere Dinge im Kopf haben, die sie beschäftigen, sollte einem klar sein.


Ist zwar schon ne Zeit her, aber aus der Sicht des Azubis:

Mein Vater war schon Schreinermeister. Im Hinterkopf hatte ich es immer. Mich hat es einfach fasziniert, dass er einfach alles machen konnte, was er wollte :emoji_slight_smile:

Was die Ausbildung angeht muss ich vorher sagen, dass ich ein sehr guter Schüler war. Ein sehr schlechter Schüler, hat sicherlich genau die Gegenteilige Meinung.

Ich fand die Berufsschule viel zu lasch. Da fallen Stunden aus. Eine Folie wird nach der anderen aufgelegt und muss abgeschrieben werden,....
Allerdings sehe ich auch die Sicht, der Berufsschullehrer. Beim Verhalten der Berufsschüler, die sie heutzutage vor sich haben, wäre ich vermutlich auch mit der Zeit abgestumpft und antriebslos geworden.

Was den Betrieb angeht, so hatte ich eher das Negativbeispiel aus meinen obigen Zeilen erlebt.

Die Lehrgänge fand ich eigentlich super. Zum einen lag die Aufmerksamkeit endlich mal auf den Azubis und Spaß hat es auch gemacht. Gerade die Maschinenkurse finde ich extrem wichtig um die Arbeitssicherheit überhaupt zu gewährleisten. Oberflächenkurse halte ich für sehr praktisch, da ja nicht alle Azubis in ihrer Lehrwerkstatt zum Lackieren kommen.

Werbung habe ich für die Berufswahl nicht gebraucht. Die Schreinerkampagne, Tag des Schreiners,... halte ich allerdings für sehr gute dezente Werbung.


So, das sind meine Gedanken dazu. Werden sicherlich Kritik der ausbildenen, selbstständigen Schreiner hervorrufen. Im Sinne von "den Lehrling mit Samthandschuhen anfassen?! So ein Quatsch!" aber wie gesagt, das kommt immer auf die Person des Lehrlings an.

Ich denke, dass du noch keine anderen Antworten bekommen hast, liegt an der Ausführlichkeit deiner Frage :emoji_slight_smile:

Schöne Grüße

Manuel
 

carsten

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Hallo

das ich gestern Abend nix mehr geschreiben habe lag schlicht und einfach an mangelnder Lust bzw. Müdigkeit.
Und heute müsste ich nix mehr schreiben da Manuel das geschrieben hat was ich auch sagen würde.
ich will nur ein paar für mich wichtige Punkte noch mal hervorheben.
Motivation, Interesse ist das A und O und zwar auf beiden Seiten. Bei dem einen was zu lernen bei dem anderen auch wirklich auszubilden und nicht nur den Lehrling auf dem Papier auszubilden. Die Zeit für Ausbildung ist leider in vielen Betrieben nicht vorhanden.
Berufschule und Lehrgänge deckt sich voll mit meiner Meinung.
Ich hab damals in meiner Lehre nicht wirklich was von meinem Meister gelernt.
( Zinken hat mir mal der Außendienstler eines bekannten deutschen großen Vollsortimenters erklärt ( Chef war nicht in der Werkstatt).
Ansonsten hab ich mir halt viel abgeguckt und mache das auch heute noch.
Hat mir auch schon mal den Vorwurf eingebracht ich wäre neugierig. Damit kann ich ehrlich gesagt leben. Diese stehlen mit den Augen kann man nicht wirklich lernen aber es war und ist mein bester Lehrer.
Ich selbst bin bei uns in der Fa auf dem Papier nicht für die Ausbildung zuständig, dennoch kommen die Lehrlinge ( 3 derzeit) häufig zu mir um mich zu fragen und ich erlaube mir auch mir Zeit zu nehmen diese Fragen zu beantworten, was mir tatsächlich schon die Nachfrage seitens der Firmenleitung brachte was ich mit Ausbildung zu tun hätte, weil ich auf dem Stundenzettel dies als gesonderten Punkt vermerkt hatte. Seitdem vermerke ich das nicht gesondert sondern lasse diese Zeit mit in die übrigen "Kostenstellen" einfließen.

Da du die Noten nicht angesprochen hast will ich es kurz tun.
Für mich sind sie zweitrangig - zumindest VOR der Ausbildung - die Noten der Berufschule sollten schon im positiv zu bewertenden Bereich liegen- sie speigelen für mich auch das Interesse am Beruf wieder.
Wobei ich nie vergesse dass ich auch mal Schüler war und die Noten in einer für mich klar erkennbaren Abhängigkeit vom Lehrer stehen. Das wollen zwar weder Lehrer noch Eltern wahrhaben aber genau aus diesem Grund ziehe ich Schulnoten nicht für eine objektive Beurteilung eines Lehrlings heran.
Einen Ausbildungsplatz OHNE vorheriges Praktikum würde ich nicht vergeben.

SO jetzt bin ich wieder Müde :eek::emoji_wink:
 

florian

ww-buche
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Hallo
erstmals vielen dank für die Antworten.

Das mit dem Interresse am Beruf ist einer der Punkte bei dem wir ja angreifen wollen. Denn oftmals sieh es leider ja so aus, dass die Hauptschüler irgendwann merken das in einem halben Jahr die Schule um ist und gehen dann zum Arbeitsamt. Dort heißt es dann: Hauptschule, nicht der aller beste. Geh ins Handwerk! Hier hast Adressen von Schreiner, Maler, Maurer und KFZ Werkstätten. Wo man dich nimmt gehst eben hin.

Deshalb wollen wir schon vorm Praktikum den Schüler das Handwerk näher bringen, damit sich der ein oder andere mal informiert, sein Praktikum nach interresse, und nicht nach Beziehungen oder Wohnortsnähe auswählt.

Ein Hauptschüler mit schlechten Noten kann ja trotzdem ein spitzen handwerker sein. Nuer wenn er im falschen Beruf landet , von Betrieb kaum bis garnicht gefördert wird, ist es vorbei. Das mit den Noten werde ich auf jeden Fall in meine Präsentation/Vortrag mit Einbauen (Danke für den Hinweis Carsten).

Ich hatte auch schon die Idee (nur die Kammer noch nicht ganz von überzeugen können) eine art Handwerkstag zu machen. Verschiedene Vereien und Institutionen die anfalende Arbeiten haben (z.B Klettergerüst auf einem Spielplatz erneuern, Verein xy renoviert das Vereinsheim..) lassen diese durch (freiwillige) Handwerksmeister und -gesellen erledigen und Schüler helfen dabei. So dass der ein oder andere vllt eine Vorliebe oder geschick für einen Beruf entdeckt.
Was würdet ihr davon halten?

Was für mich auch ein wichtiger Punkt ist (muss ich auch noch etwas überzeugen) bei Praktikanten und Azubis mal nachzuhören wie es in einem Betrieb ist, und dann wenn es des öfteren da zu schwierigkeiten kommt auch das gespräch mit dem Betrieb suchen, warum wieso und nach Lösungen zu suchen. Oder ist da wer anderer Meinung?

Florian
 
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