Hobel mit bogenförmiger Schneide

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Guten Abend liebe Holzwerker

Im Folgenden möchte ich in 3 Teilen meine Erfahrungen zu Hobeln mit bogenförmiger Schneide teilen. Wer etwas dazu aus Erfahrung weiß, ist gerne zu Kritik und Ergänzungen eingeladen.

Also, es folgt Teil 1 von 3.

1. Was kann eine gebogene Schneide beim Bankhobel

Zum Verständnis möchte ich einen Vergleich mit dem Rasieren vorausschicken. Wenn man sich mit einem handelsüblichen Einwegrasierer die Bartstoppeln rasiert, führte man sich die Schneide rechtwinklig (orthogonal) zur Rasierrichtung über die Haut. Was übersteht, wird abrasiert. Ich nenne das "Schaben", da die Schneide nicht durch das Werkstück gezogen wird. Wenn nun alle Stoppeln weg sind und ich die oberste Hautschicht auch noch entfernen möchte ("Peeling"), dann geht die Schneide tatsächlich in die Haut und trägt eine minimale Schicht ab. Aber nur soviel wie es die Konstruktion des Rasierers zulässt und nur, wenn die Klinge absolut scharf ist. Das entspricht dem Verhalten eines Hobels mit gerader,rechtwinklig ausgerichteter Schneide.

Wenn ich nun statt des Einwegrasierers ein Rasiermesser nehme und damit nicht schabe, sonder entlang der Klingenrichtung bewege, wird nicht mehr geschabt, sondern geschnitten und ich brauche ein Pflaster. Das Rasiermesser muss dazu gar nicht so besonders scharf sein wie beim Schaben. Ich kann mir ja schließlich auch mit dem Schweizer Taschenmesser in die Backe schneiden. Dann habe ich einen Schnitt. Wenn ich nun Schabbewegung und Schneidbewegung kombiniere, habe ich eine Rasur mit "ziehendem Schnitt". Also wenn ich mein Rasiermesser nicht rechtwinklig (wie den Rasierhobel), sondern leicht schräg halte, habe ich immer noch eine Schneidbewegung mit darin. Das Barthaar wird also nicht nur abgeschabt sondern auch "abgesäbelt". Das entspricht dem Verhalten eines Hobels mit schräg gestellter Schneide. Oder, wenn ich einen Hobel nicht gerade, sondern schräg zur Hobelrichtung halte. Aus dem Vergleich wird deutlich: da die Bewegung nicht nur schabt, sondern auch schneidet, zeigt auch ein stumpferes Eisen noch gute Ergebnisse, während man beim reinen Schaben über das Werkstück hinweggleiten würde.

Eine gebogene Schneide würde ich beim Rasieren nun wirklich niemandem empfehlen, denn: sie leistet von beiden Seiten einen ziehenden Schnitt in die Oberfläche "gräbt" sich somit mit Leichtigkeit hinein. Beim Hobeln auf Holz hat dies jedoch große Vorteile: Der Span wird nicht nur angehoben, sondern auch ziehend durchtrennt. Daher geht ein Schrupphobel auch gut, wenn er nur auf mäßige, (= nicht rasierende) Schärfe geschliffen ist.. Nur der Zenit der Schneide schabt und wird auch am schnellsten stumpf.


Das ist der erste Vorteil der gebogenen Schneide: sie "geht einfach besser ins Holz" als eine gerade Schneide.

Zur Verdeutlichung: Wenn man einen Bankhobel einstellt, zieht man zunächst das Eisen zurück, gleitet dann mit einem Holzstück über die Hobelsohle und gibt dann dem Eisen solange Vorschub, bis der Hobel „greift“: an beiden Ecken gleichzeitig, ansonsten muss das Eisen justiert werden. Sobald dies der Fall ist, ist der Hobel auf feinste Spanabnahme eingestellt und das ist meistens auch gewünscht, damit es ja keine Ausrisse in der Oberfläche gibt.

Nachteil Nr 1 der geraden Schneide ist, dass sie manchmal dann auf dem Holz doch nicht greift. Man gibt mehr und mehr Vorschub, er greift, ja, toll, Ausriss – verdammt! Die gebogene Schneide hingegen greift früher und zuverlässiger und reißt viel weniger aus, und man kann sie auch länger nutzen. Zwar wird auch sie genauso stumpf, aber durch ihr Schneidverhalten ist dies erst viel später zu bemerken.

Nachteil Nr 2 der geraden Schneide ist, dass man sich durch die notwendige feine Einstellung „einen Wolf“ hobelt, bis man einen nennenswerten Abtrag erreicht hat. Der zweite Vorteil der gebogenen Schneide: sie kann man auf einen viel dickeren Spanabtrag einstellen, da sie die Holzfasern nicht nur anhebt und schabt, sondern auch ziehend durchtrennt. Zwar bleiben am Schluss die „Stege“ der Rundungen stehen. Doch die mit dem geraden Eisen eines anderen Hobels am Schluss zu beseitigen ist kein Problem.

So, dies als Einstieg.

In den nächste Tagen schreibe ich noch zu:

2) Einsatzgebiete der gebogenen Schneiden, Arbeitstechniken

3) Welche Hobel ich wie ausgestattet habe und wie man die Schneide herstellt und schärft

Ich habe hierfür nicht alle Begriffe im Internet recherchiert und verifiziert, sondern es so "von der Leber weg" beschrieben, wie ich es für mich verstehe. Sollte ich falsch liegen, bitte ich um Korrektur und Ergänzung. Gelernt habe ich das Praktische von einem Video von David Charlesworth.



Viele Grüße,



Wolfgang
 
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AhornBay

ww-esche
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Schönen guten Morgen Wolfgang,

ich muss zugeben, mir ist der Begriff "orthogonal" nicht sonderlich geläufig. Ich habe ihn daher in Wikipedia nachgeschlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Orthogonalität).

=> " In der Elementargeometrie nennt man zwei Geraden oder Ebenen orthogonal (beziehungsweise senkrecht), wenn sie einen rechten Winkel, also einen Winkel von 90° einschließen."

Zum Rasieren:
Ich käme nicht auf die Idee, mein Rasiermesser im 90 Grad Winkel über das Gesicht zu führen (das nenne ich "Schaben"). Ich bemühe mich, das Messer in einem Winkel "übers Gesicht" zu führen. Das sind dann vielleicht so 20 - 30 Grad (gefühlt...). Wenn's nicht stimmt - kommen auch wieder Gefühle ins Spiel :emoji_slight_smile:

Zum Hobeln:
Ganz platt ausgedrückt. Ein bogenförmiges Hobeleisen erzeugt ein bogenförmiges Hobelergebnis. Es gibt Anwendungsfälle, da ist das gewollt (z. B. Schruppen). In den allermeisten anderen Fällen aber dürfte das Ziel eine "ebene" Fläche sein. Was - ich - aber schon mache ist, die Ecken des Hobeleisens "anzuheben". Dabei ist aber das "Zentrum" / die Mitte des Hobeleisens "gerade". Nur zu den Ecken hin wir die Ecke "verrundet"; in etwa so stark, wie der geplante, künftige Span sein soll (d.h. "hauchdünn"). Der Hauptanwendungsfall ist beim Verputzen.

In meiner Welt entsteht ein ziehender Schnitt, wenn eine Schneide nicht senkrecht auf das Schnittgut trifft. Auf das Hobeln übertragen kommt der erste Winkel durch den Schnittwinkel rein (= Hobelgeometrie im Zusammenspiel mit dem Hobeleisen an sich). Ein weiterer Winkel kommt dazu, wenn man schaut, wie das Hobeleisen auf die Holzfaser trifft; hm, blöd zu beschreiben. Gemeint ist der Effekt, der eintritt, wenn das Hobeleisen nicht im 90 Grad Winkel im Hobel verbaut ist sondern im z. B. 30 Grad Winkel. Der Effekt ist, dass das Eisen nicht mehr mit der "geraden" Fase auf die "gerade" (Holz)-Faser trifft. Das "Haken" wird reduziert. Bildlich dringt die (Hobeleisen)-Fase nicht schlagartig & gleichzeitig sondern sukkzessive in die Faser ein. Das kann helfen, Ausrisse zu vermeiden. Ein Effekt, wie man Ausrisse vermindern kann. Sicherlich nicht der einzigste.

... bin gespannt, wie die Diskussion weiter geht.

Herzliche Grüße

Tom
 

uli2003

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Ein weiterer Winkel kommt dazu, wenn man schaut, wie das Hobeleisen auf die Holzfaser trifft; hm, blöd zu beschreiben. Gemeint ist der Effekt, der eintritt, wenn das Hobeleisen nicht im 90 Grad Winkel im Hobel verbaut ist sondern im z. B. 30 Grad Winkel. Der Effekt ist, dass das Eisen nicht mehr mit der "geraden" Fase auf die "gerade" (Holz)-Faser trifft. Das "Haken" wird reduziert. Bildlich dringt die (Hobeleisen)-Fase nicht schlagartig & gleichzeitig sondern sukkzessive in die Faser ein.

Genau dies nennt man doch den ziehenden Schnitt.
Der Unterschied ist nicht das weniger gleichzeitige Eindringen in die Faser (aber auch, zumindest ein wenig) , sondern der kleiner werdende Schnittwinkel. Dadurch gibt es weniger Ausrisse.
 

pedder

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Ein niedrigerer Schnittwinkel (also auch ein schräg gestellter Hobel) begünstigt Ausrisse, während ein höherer Schnittwinkel diese vermeidet.
Bis hin zum Schaben = Negativer Schnittwinkel.
Deswegen haben Putzhobel höher Schnittwinkel.
 

zündapp

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Danke für die Rückmeldungen. Meine Verwendung von Begriffen wie "ziehender Schnitt" oder "Schaben" hält sicher keiner genauen Überprüfung stand, ob sie technisch genau sind. Ich bitte, das zu entschuldigen. Ich habe versucht, darzustellen, warum das bogenförmige Eisen so gut ins Holz geht und nicht so scharf sein muss wie ein gerades.
Mein Ziel ist, Holzwerker dazu zu bringen, es einmal auszuprobieren. Daher spreche ich mit "meinen" Worten, und hoffe, dass es dadurch greifbarer wird. Daher auch der (blutige) Vergleich mit dem Rasierer.

@Tom: Das Ziel ist auch beim Hobeln mit gebogener Schneide eine gerade Fläche, man erreicht sie aber deutlich müheloser. Ganz am Ende entfernt man mit zwei drei Zügen die "Stege" mit einem geraden Eisen. Die "Furchen" eines gebogenen EIsens sind übrigens nicht zu sehen, aber zu fühlen. Es fühlt sich übrigens gut an, der "touch" von Handarbeit.

Gruß,

Wolfgang

Edit: Nach den Hinweisen habe ich im Text oben das Wort "orthogonal" durch "rechtwinklig" ergänzt oder ersetzt. Zur besseren Lesbarkeit.
 
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uli2003

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Ein niedrigerer Schnittwinkel (also auch ein schräg gestellter Hobel) begünstigt Ausrisse, während ein höherer Schnittwinkel diese vermeidet.
Da hast du allerdings Recht, wobei ich den Eindruck habe, dass der schräg stehende Hobel 'ziehender Schnitt' sauberer schneidet. Liegt das an dem ebenfalls kleineren Keilwinkel und der daraus resultierenden dünneren Spanabnahme?
 
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