Meisterpflicht, einen Schritt vor und zwei zurück

SteffenH

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In einigen Gewerken soll die Meisterpflicht wieder eingeführt werden. Statt eine europaweite, sinnvolle, gerechte Lösung für alle anzustreben, versucht die deutsche Handwerks-Lobby ihre Interessen durchzusetzen.

https://www.welt.de/newsticker/dpa_...cht-ab-2020-verspricht-bessere-Qualitaet.html

Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer sowie Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter sowie Orgel- und Harmoniumbauer
 

Holzrad09

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:emoji_thinking:
Die zwei Böttcher die Ich kannte, hielten sich die letzten Jahre mit einfachen Bautischlerarbeiten über Wasser.
In den ungefähr 110 Berufen des Handwerks, gibt es in 22 praktischen Handwerksberufen schon keine Lehrlinge mehr. NK <br><br><br>Böttchermeister Peter Stauch aus Bollstedt arbeitet schon lange nicht mehr hauptberuflich als Böttcher. Seit die handgefertigten Holzfässer und Bottiche durch industriell gefertigte Aluminium Behälter abgelöst wurden, arbeitet er in der Holzverarbeitung. Nur zu Hause in seiner Hobby-Böttcherwerkstatt geht er seinem alten Meisterberuf noch nach.
Quelle: https://www.bigkarriere.de/karrierewelt/ausbildung/hat-das-noch-zukunft-aussterbende-berufe
Wiedermal fernab jeglicher Realität !
LG
 

uli2003

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Statt eine europaweite, sinnvolle, gerechte Lösung für alle anzustreben, versucht die deutsche Handwerks-Lobby ihre Interessen durchzusetzen.
Diese Pauschalierung ist einfach nur Müll und Ahnungslosigkeit. Sorry dass man das so hart sagen muss.

Die Rückvermeisterung wurde angestrebt, weil die Aufhebung der Meisterpflicht zu unerträglichen Veränderungen - leider ins Negative - in den betroffenen Gewerken geführt hat.
Fliesenleger ist das beste Beispiel. Die Reklamationsquote ist explodiert, die Schwarzarbeit hat immens zugenommen (dank der Schwemme osteuropäischer 'Selbstständiger'..), die Ausbildungsquote geht gegen 0!
Das ist ein Zustand, den eine Kammer - sorry, die 'Handwerkslobby' - nicht weiter zulassen kann und will.

Das eine europaweite Regelung her muss ist klar, aber wenn unter 'gerecht ' verstanden wird, dass Hinz und Kunz ohne jegliche Qulifikation handwerkliche Arbeiten verrichten darf, dann geht das (bisher noch gute) deutsche Handwerk den Bach herunter.
 

Neige

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Allerdings -und ich weiß jetzt nicht ob das Ländersache ist- muss dem Erwerb des Meistertitel keine mehrjährige Berufserfahrung vorraus gehen, wenn ein Gesellenbrief vorliegt.

Ob das in dieser Form zielführend ist?
 

Besserwisser

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Ich bin ja bekennender Gegener der Meisterpflicht, vor allem, weil die Qualität der Ausbildung/Prüfung unterirdisch besch.....eiden sein kann.
Die Kammern tun das, was sie sollen, und das ist die Interessenvertretung der darin organisierten Handwerker, und das sind traditionell Meisterbetriebe.
Das Argument des Verbraucehrschutzes ist ein Witz und wird von seiten der Kammern nur gezogen, weils ins konzept passt. Wenn der Meisterbetrieb gerade wegen solcher Nicht-Meister-Betriebe profitieren würde (ein zugebenermassen sehr theoretisches Konstrukt), dann pfiffen die Kammern auch hier ein anderes Lied. Den HWKs ist Verbraucherschutz scheissegal und muss es sogar satzungsgemäß auch.

Die Idee, vor allem aber die Struktur ist überholt. Ausbildung klappt woanders auch ganz ohne Meister. Und auch nicht schlechter.
Wie viele Berufe man komplett ohne Vorbildung selbstständig ausüben darf ist fast ohne Zahl, und da sind bestimmt einige dabei, deren Regulierung und Überwachung wirklich sinnvoll und wichtig wäre. Im Gegensatz zum Platten und Fliesenleger. Da sehe ich ein eher bescheidenes Risiko.
Und die osteuropäischen Selbstständigen werden von der Meisterpflicht nicht tangiert, egal welche Quali die abliefern. Die sind nämlcih beileibe auch nicht alle schlecht.
 

uli2003

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Das Argument des Verbraucehrschutzes ist ein Witz und wird von seiten der Kammern nur gezogen, weils ins konzept passt. Wenn der Meisterbetrieb gerade wegen solcher Nicht-Meister-Betriebe profitieren würde (ein zugebenermassen sehr theoretisches Konstrukt), dann pfiffen die Kammern auch hier ein anderes Lied.
Ich sehe an dieser Aussage, dass du von den Auswirkungen keine konkreten Zahlen hast. Selbst den Kammern ist es bewusst, das die Rückvermeisterung (die eigentlich gar nicht von gehobenem Interesse für die Kammern ist) europäisch auf dünnem Eis steht. Es ist nicht einmal sicher, dass es überhaupt (noch weniger dauerhaft) bleiben wird.

Den HWKs ist Verbraucherschutz scheissegal und muss es sogar satzungsgemäß auch.
Nicht unbedingt. Damit geht einher, das Handwerk und seine Qualität zu schützen und hochzuhalten.

Ich weiß überhaupt nicht, warum immer gegen die Kammern gebasht wird. Ich habe mit dem Meistertitel überhaupt kein Problem, ihn selber letzte Woche seit 30 Jahren, und finde ihn als Qualitätsmerkmal nicht schlecht.
Merke: Der Schüler gibt die Qualität seiner Ausbildung vor, nicht die Schule! Das mag in Sekundär- und Primärschulen noch so sein.
 

Besserwisser

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Merke: Der Schüler gibt die Qualität seiner Ausbildung vor, nicht die Schule!

Sorry, aber das ist kompletter Scheiss. Aber einer, den man teuer bezahlen muss.
Die Dozenten waren teilweise schlechter als ich selbst. Wir haben NICHTS, wass über die Gesellenprüfung hinaus geht, gelernt.
Die Kammern (vermutlich nicht alle, aber viele, ich habe mit vier Stück konkret und in ausreichendem Maße zu tun gehabt) sind saturierte Drecksläden mit vielen bequemen und unwilligen Angestellten, für deren Geld ich arbeiten muss.
ich koche über deine Selbstzufriedenheit. Denk aml an die Beitragsgeschichte.
 

uli2003

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Meine Dozenten waren Klasse. Und wer wollte, hat eine Menge gelernt.
Aber das einzige was die Kammer damit zu tun hatte, war die Prüfung. Die Schule war ein BBZ, mit wirklich gutem Personal.

Mit meiner Kammer (Münster) komme ich gut klar, dass muss nicht zwangsläufig bei allen so sein.
 

SteffenH

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Der Meisterbrief ist in allererster Linie ein Stück Papier. Was sagt eine Qualifikation, die vor Jahrzehnten erworben wurde, über irgendeine Art von Qualität aus? Nichts. Keine Fortbildungspflicht, keine verpflichtenden Schulungen. Anlässe gäbe es genug, die technische Entwicklung ist rasant. Klar, kann und sollte man machen, muss man aber nicht. Was bleibt, ist eine Urkunde an der Wand. Ich bin durchaus auch für den Meisterbrief oder Ähnliches als Qualitätsmerkmal, aber nicht in der Form, in der er immer noch existiert. Einmal im Leben eine ordentliche Stange Geld, Zeit und Nerven investieren und dann darf ich? Das ist kaum anders als im Mittelalter.
 

Lico

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MMn ist die Meisterpflicht an sich nicht das Problem, sondern drr Umstand, dass die Ausbildung, im Unterschied zum Hochschulabschluss, so viel Geld kostet.

Lico
 

Lico

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Hast Du schon mal gesehen, was ein MBA Studium an einer renommierten Hochschule kostet? Da ist eine Meisterprüfung Kleingeld dagegen.
Niemand ist gezwungen, an einer privaten Hochschule seinen Master zu machen. Um den Meistertitel zu erwerben gibt es aber keine öffetlichen Bildungseinrichtungen. Ich weiß übrigens auch nicht, ob der Master überhaupt der Vergleichsmaßstab ist. Vermutlich eher der Bachelor.

Lico
 

hermes378

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Um bei dem Beispiel zu bleiben: für Berufskraftfahrer besteht Fortbildungspflicht.
Diese (zweifelhaften) "Fortbildugsnachweise" kann man leider nicht ernst nehmen. Ich würde wetten, dass von den unterbezahlten, osteuropäischen Lohnsklaven nur ein Bruchteil jemals eine Schulungseinrichtung von innen gesehen hat. Wer seine Leute mit einem Hungerlohn in der Welt herumschickt, setzt sie nicht in eine Schule, um ein Stück Papier zu erwerben, das man selbst hierzulande einfach kaufen kann.
Ansonsten bin ich schon dafür, dass es weiterhin den Meisterbrief gibt. Vielleicht müssen einige Dinge den veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden.

Michael
 

civil engineer

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Niemand ist gezwungen, an einer privaten Hochschule seinen Master zu machen. Um den Meistertitel zu erwerben gibt es aber keine öffetlichen Bildungseinrichtungen. Ich weiß übrigens auch nicht, ob der Master überhaupt der Vergleichsmaßstab ist. Vermutlich eher der Bachelor.

Lico
Die TU München z. B. ist keine private Hochschule. Aber da ist man mit ca. €40000 Studiengebuhren für einen MBA dabei.
 

enovs

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Niemand ist gezwungen, an einer privaten Hochschule seinen Master zu machen. Um den Meistertitel zu erwerben gibt es aber keine öffetlichen Bildungseinrichtungen. Ich weiß übrigens auch nicht, ob der Master überhaupt der Vergleichsmaßstab ist. Vermutlich eher der Bachelor.

Ich habe an der staatlichen (!) RWTH Aachen meinen Bachelor + Master gemacht, Gesamtkosten beliefen sich auf ca 10000€. Und in den mindestens fünf Studienjahren erhält man im Gegensatz zur Ausbildung keinerlei Gehalt.
Die Hochschulausbildung ist sicherlich nicht günstiger als die Meisterschule.
 

Lico

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Ich habe an der staatlichen (!) RWTH Aachen meinen Bachelor + Master gemacht, Gesamtkosten beliefen sich auf ca 10000€.
https://www.rwth-aachen.de/cms/root...ufenthaltes/~bqmn/Internationale-Studierende/:
"An der RWTH Aachen werden keine Studiengebühren erhoben - auch nicht von internationalen Studierenden! Alle Studierenden zahlen lediglich den Studierendenschafts- und Sozialbeitrag."

Die Tuition Fees für den MBA an der TU München (39.000€) beziehen sich nicht auf einen Master im Primärstudium sondern auf einen studienbegleitenden internationalen Abschluss, der im internationalen Business ähnlich schmückt, wie ein Doktortitel. Die gewöhnlichen Studiengebühren betragen lediglich rund 130€ pro Semester. Den Meistertitel (wird allgemein mit dem Bachelor-Abschluss gleichgesetzt) mit einem internationalen Edelabschluss zu vergleichen, ist wohl ein bisschen hergeholt.

Lico
 

enovs

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Mag sein, dass inzwischen keine Studiengebühren mehr erhoben werden, bei mir gab es diese noch. Der aktuelle Semesterbeitrag liegt bei 285.02€ Und nicht bei 130€.
Und es bleibt das fehlende Einkommen während des Studiums, was jährlich schnell mal 5k bis 10k € ausmacht. Ich bleibe dabei: Die Hochschulausbildung ist sicherlich nicht günstiger als die Ausbildung zum Meister!
 

Besserwisser

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Meine Dozenten waren Klasse. Und wer wollte, hat eine Menge gelernt.
Aber das einzige was die Kammer damit zu tun hatte, war die Prüfung. Die Schule war ein BBZ, mit wirklich gutem Personal.

Mit meiner Kammer (Münster) komme ich gut klar, dass muss nicht zwangsläufig bei allen so sein.

Das ist schön!
Aber es ist halt nicht überall so, und zumindest nach meiner Erfahrung ziemlich oft nicht. Die Grenze nach unten liegt tief.
Insofern sind wir d'accord.

Ansonsten ist es völliger Blödsinn, die Meisterausbildung mit Einem Studium zu vergleichen, sowohl was Kostenstrukturen als auch Qualifikation angeht.
Ich habe beides gemacht und die Meisterasubildung war, wowohl was Fachkompetenz, Lernniveau und Selbstständigkeit (damit meine ich nicht unternehmerische Tätigkeit) angeht ein Kindergarten im Vergleich zu einem technischen Hochschulstudium.
 

Lico

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MBA = berufliche Fortbildung und kostet. Meisterprüfung = berufliche Fortbildung und kostet.
Genau das ist nicht der Fall: Der Meister ist eine Maßnahme der im BBG definierten AufstiegsFORTbildung, wohingegen der MBA eine WEITERbildungsmaßnahme ist. Insofern sind beide schon rein rechtlich nicht vergleichbar.
Aber ich muss auch nicht in jedem Fall recht behalten. Das Thema beginnt, mich zu langweilen.

Lico
 

SteffenH

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Und was könnten das im Tischlerhandwerk für konkrete Fortbildungen sein, die Du dir hier wünschst??
In erster Linie Normen, Gesetze, Vorschriften, was, wie, gemacht werden darf, kann, soll oder muss. Da hier viel von Qualität geredet wird, ist es unabdingbar, dass man technisch auf der Höhe der Zeit bleibt. Jetzt könnte man einwenden, dass das doch selbstverständlich sei etc...Ja, ist es, aber dazu muss definitiv keine Meister-Urkunde über dem Schreibtisch hängen.
 
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