Guten Abend Freunde des guten Stil
Finde besserwisser hat es recht kompakt umschrieben. Wenn ein Objekt in der ihm
zugedachten Umgebung "ruht", nicht das gemutet Gesamtbild stört, ist es auch
da angekommen, wo es als angenehm empfunden werden kann. Vor der Phototapete
einer nachindustriellen Romantikwand, wird es lächerlich wirken. Im Umfeld eines um-
genutzten Kuhstalls, einer aufgelassenen Werkstatt aber sicherlich einen authentischen
Eindruck hinterlassen. Der Preis scheint mir auch nicht eimal zu hoch gegriffen zu sein.
Nachkalkulation einer beidseitigen Linoplatte, mit Anschnittkosten der Rollenware und
die wirklich nicht problemlose Bearbeitung von Altholz, würde bei den gewerblichen
Kollegen bestimmt auch keinen anderen Lieferpreis ergeben. Besonders toll finde ich
das Teil aber auch nicht, etwas Mainstream eher. Wir verkloppen gerade alte Hobelbänke
in denkbar schlechtestem Zustand, als Küchenarbeitstische, habe wirklich nicht geglaubt
was man dafür bekommen kann, wenn ich den ganzen Siff eines langen Werkstattlebens
nicht entferne, sondern konserviere.
( im Westerwald steht in jedem Schuppen eine
alte Hobelbank aus UrUrUrGrossvaters Zeiten, den Gebrüdern Rönttgen sei Dank dafür)
Das "natürliche" Umfeld eines solchen Möbels wäre natürlich ein ehemaliges Gebäude
der gewerblichen Nutzung, kurz neudeutsch als Loft bezeichnet und bei Nutzern im
Altersbereich von 35-55 Lebensjahren sehr erstrebenswert. Jüngere Mieter solcher
Anlagen, meine Kinder inclusive, lassen den ganzen Laden einfach mit ein wenig Farbe
so wie sie ihn vorgefunden haben und auch wieder verlassen wollen. Der Grundgedanke
der auch Künstler in den frühen 70er Jahren so leben gelassen hat, das war einfach der
Wohnraum der bezahlbar war, wenn ich durch meine Passion grosse Räume brauchte.
Selbst Gerhart Richter hat noch bis vor 25 Jahren in solchem Ambiente gewohnt und auch gearbeitet.
Im verdienten Alterssitz lebt er in einem nur für ihn gestalteten, grosszügigem Haus im Stadtrandbereich.
Beim Umbau von solchen Gewerbeflächen habe ich auch erfahren, daß diese Form
von Lebensdarstellung für mich nicht unbedingt erforderlich ist, unseren Lebensge-
wohnheiten sogar wiedersprechen könnte. Habe ausser für G.Richter und einen lieben,
jüngeren Freund von mir, keinen Bauherrn kennen gelernt der länger als 10 Jahre in
der aufwändigen Behausung gewohnt hätte. Bei meinem Freund war es wirklich die
für ihn passende Umgebung - eine alte Zimmerei, ein richtig grosses Mobilheim mitten
rein gestellt und in der warmen Jahreszeit lümmelt dein ganze Volk sich in alten Sofas
zwischen den gut abgehangenen Werkzeugmaschinen, Motorrädern, Autos rum. Nur
so muss man auch leben wollen, können.
Liebe Grüsse, Harald