Zimmererausbildung zu hart?

Aliqui

ww-pappel
Registriert
27. Oktober 2011
Beiträge
7
Ort
Hamburg
Moin Moin erstmal!

Ich mache seit August eine Ausbildung zum Zimmerer in einer kleinen Zimmerei. Nach nun einiger Zeit stören mich einige Sachen und zwar in Bezug auf das Betriebsklima. Problem bei der ganzen Sache ist komischerweise nichtmal der Chef, der is sehr nett, sondern hauptsächlich der eine Geselle, mit dem ich immer zusammen arbeite und mittlerweile bin ich ziemlich verwirrt und auch sehr eingeschüchtert.

Zu mir: ich bin eher der ruhige Kerl, rede relativ wenig und denke mir oft "lieber abwarten, dann wirst du schon sehen, wofür was ist, bevor du nun tausend fragen stellst. Einfach mal zugucken und lernen." Sonst lese und zeichne ich gerne und spiele Klavier, also ziemlich Zimmermannsuntypisch würde ich sagen :emoji_stuck_out_tongue: und handwerklich begabt bin ich nun auch nicht unglaublich (hab halt kaum vorerfahrung)

Der Geselle mit dem ich arbeite kommt aus einer richtigen Zimmermannsfamilie. Der totale Einzelkämpfer, handwerklich hat er echt viel auf dem Kasten, aber sobald etwas nicht nach seinem Willen läuft, rastet er förmlich sofort aus! Er ist auf jeden fall nicht zurückhaltent mit seinen Äußerungen. Am Tag muss ich mir ca. 10 mal anhören, wie bekloppt ich doch bin usw. Letztens war eine Situation, die mich sehr erschrocken hat: Morgens beim Richten, hat der Praktikant (der schon ein wenig länger als ich dabei ist) was falsches vom hänger in den Transporter gepackt. Der Geselle kam um die Ecke und hat ihn auf den Hinterkopf geklatscht und ihn angemeckert. Sowas ist doch nicht normal oder sind alle Zimmermänner arbeitswütige Meckertanten, die absolut kein Feingefühl dafür haben, auf Leute zuzugehen? Da brauche ich doch bitte mal erfahrungsberichte von euch :emoji_stuck_out_tongue:
Zudem erwartet er nun nach 3 Monaten von mir ( dazwischen war auch noch schule), dass ich nach ein zwei mal zugucken, alles kann. Ist das normal? Natürlich kann ich es nach zwei mal zugucken noch nicht und ich hab auch nicht die arbeitsschritte etc. drinne oder bin ich einfach nur dümmer als andere?
Ich mein, dass ich schusselig bin weiß ich auch von alleine, so war ich schon immer, aber das ist nunmal meine individuelle ader :emoji_stuck_out_tongue: gibt ja genügend gesellen, die genauso sind.

Der andere Geselle hat noch seinen Jahresurlaub von vor 3 Jahren und hat schon so viele beschwerden (mit nichtmal 30), dass er mit 35 locker in Rente gehen kann, ich glaube das sagt schon alles.
Gibt es auch Betriebe, die nicht Ausbildungs"gerecht" sind? Ich denke nämlich drüber nach, den Betrieb zu wechseln.

Danke schonmal,

Kevin

edit: außerdem sagt er immer, dass ich sozusagen für die "infrastruktur" aufm bau zuständig bin, also dass immer überall strom ist, druckluft bla bla, alles ranschleppen, damit die gesellen bloß ihre ruhe haben und arbeiten können.
 

lallalla

ww-ulme
Registriert
9. März 2009
Beiträge
163
Ort
Mönchsroth
Ich kann leider nichts zu der Ausbildung als Zimmerer sagen, aber ich habe bisher schon 3 Azubis in einem anderen Bereich (IT) ausgebildet. Aber ich probier's trotzdem mal.

Achte mal drauf, was der Geselle gerade für eine Arbeitsbelastung hat. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, das Betriebe oft Azubis als "billige" und vollwertige Arbeitskräfte "missbrauchen". Wenn das bei euch so ist, ist mir auch klar, warum dein Geselle so schnell wie möglich möchte, das du voll einsatzfähig bist. Er packt das sonnst nicht.

Außerdem, wenn ich mir deine Beschreibung deiner Interessen so durchlese, war es nicht unbedingt dein Wunschberuf, oder? Wenn keine Affinität zu dem Job da ist, wirst du natürlich nie so schnell und gut lernen, wie jemand, dem es "im Blut liegt". Das merkt natürlich dein Geselle sofort und lässt dich so was auch spüren (wenn auch unbewusst). Bist du dir 100% sicher, das es dein Traumberuf ist?

Zu dem Thema Infrastruktur, das ist nunmal das los der Azubis. Die "niederen" Tätigkeiten macht nunmal die günstigste Arbeitskraft. Aber es gehört auch dazu und muss gemacht werden, auch wenns überholt und abwertend klingt.
 

mauser

ww-ulme
Registriert
26. April 2006
Beiträge
168
Ort
Bayern
Hallo Kevin,

der Umgangston im Zimmererhandwerk ist vereinzelt schon etwas gröber, aber da „beißt“ normalerweise auch niemand.
Ein anderer würde sagen - geh zum Chef - aber beobachte doch mal deinen „Gesellen“ genau, wie der so arbeitet, sei aufmerksam und versuche vorauszuschauen was dein Geselle auf der Baustelle oder in der Werkstatt so haben möchte/brauchen könnte – an Werkzeug, Materialien usw. zeige deinen Willen was zu lernen, denn dein Geselle hat sein Wissen auch nicht mit dem Löffel bekommen – das war auch so wie ich als Lehrling angefangen bin.

Und stelle Fragen wenn dir was unklar ist, oder was die Tagesaufgabe ist, auf dem Weg zur Baustelle, in der Frühstückspause, zur Mittagspause usw.

Es wird dir, wie auch in anderen Berufen nichts geschenkt, wobei ich manchmal meine in einigen Berufszweigen immer mehr.
Aber Cholerikern würde ich keinen Azubi anvertrauen, die haben meist die größten sozialen Schwächen.

Also wenn dir der Beruf als Zimmerer Spaß macht, Kopf hoch und durch und wenn es überhaupt nicht mehr geht, ab zum Chef und evtl. schon bei einem anderen Betrieb vorgesprochen.


Mit freundlichen Grüßen

mauser
 

ingo ullrich

ww-ahorn
Registriert
10. Juni 2009
Beiträge
116
Ort
Remscheid
so , ich will jetzt nicht angeben,

habe aber meine zimmererlehre in ca. 18 monaten durchgezogen, da mir mein ausbildungsbetrieb (lehrherr) auf die nerven gegangen ist. z.b. mit o.g. geschichten....
der umgangston auf`m bau ist aber sehr rauh, infrastuktur ist schon aufgabe des lehrjungen
da ich aber zimmerer werden wollte habe ich mich durchgebissen, und bin anschließend
bei meinem lehrmeister geblieben, und habe von ihm nach dem 2ten gesellenjahr nach einer großbaustelle einen schulterkopfer bekommen mit der äußerung "jetzt bist du geselle".
Habe bei ihm aber auch soviel gelernt , das ich heute nach über 20 jähriger selbstständigkeit
immer noch von dem zehre , was er mir damals beibrachte.

jetzt die andere seite des berufes = ich konnte meinen beruf mit ca. 25 jahren an den nagel
hängen (kreuz und schulter kaputt), habe dann meinen kaufmann gemacht. und bin heute messebauer....? handwerk lässt nicht los.

aber .... bist du wirklich der meinung , das ist dein beruf???? (berufung???) für die zukunft

gruß
 

Big E

ww-ahorn
Registriert
3. August 2007
Beiträge
102
Alter
41
Ort
Oldenburg
Hallo,

du hast ja schon gute Tipps bekommen.

Man muss das auch mal aus der Sicht von dem Gesellen sehen. Stell dir vor, du bekommst im schlimmsten Fall jedes jahr einen neuen Lehrling und wenn du ihn gerade so weit hast, dass er dir auf dem Bau wirklich hilft ist das Jahr schon um und du hast den nächsten der zum ersten mal auf eine Baustelle kommt. Da kann man mit den Jahren zum Miesepeter werden.

Noch als kleine Durchhalteparole: Es wird besser werden, sobald du mehr Routine bekommst. Nach drei Monaten kann man noch nicht so weit sein. Gibt es noch andere Lehrlinge in dem Betrieb? Wie geht es deinen Mitschülern in ihrem Betrieb?

Gruß
 

Aliqui

ww-pappel
Registriert
27. Oktober 2011
Beiträge
7
Ort
Hamburg
Hey Leute,

danke für eure Antworten.
Heute habe ich gleich versucht den ein oder anderen Tipp durchzusetzen. Habe mehr gefragt, war mehr bei der Sache und hab alles vorbereitet. Am morgen hab ich gleich nen Dämpfer bekommen auf die Frage "Was machen wir hier heute?". Natürlich ist das eine Frage die unnötig ist, wenn man sich auskennt. Da ich aber Stadtkind bin und absolut null Ahnung hab, kam erstmal gleich wieder nen dummer aggressiver Spruch mit "Streng doch mal dein Kopf an" und bla bla bla. Im Endeffekt hab ich mir davon nicht die Laune vermiesen lassen, weil heute Freitag ist und mein Meister mich heute nicht gefragt hat, ob ich morgen arbeiten kann :emoji_grin:

Also hab ich einfach freudig weitergemacht und hab einfach nen Ticken schneller gearbeitet und alles vorbereitet. Bis auf ein paar kleine Ausraster kam dann an dem Tag nichts mehr. Als wir den ersten Unterschlag fertig hatten und dann zur anderen Baustelle gefahren sind, um den anderen UNterschlag zu machen, hab ich einfach alles schon vorbereitet, während der Geselle mit dem Maurern geschnackt hat und ab da an hat er dann Ruhe gegeben und man hat gemerkt, wie seine Laune etwas stieg, obwohl ich ein zwei Sachen nicht hinbekommen habe und es kamen sogar Sprüche wie: "klar, dass das nun so auf anhieb bei dir nicht funktioniert, wenn du keien vorerfahrung hast, du bist auch erst nen viertel jahr hier, da kann man noch nicht zu viel verlangen". Das hat mir etwas Mut gegeben mehr zu waagen und das wurde damit belohnt, dass der Geselle gut drauf war :emoji_stuck_out_tongue:


Zu der Frage, ob das der richtige Beruf für mich ist, bin ich mir ziemlich sicher, dass er mir viel in meinem Leben bringt, aber ich ihn später (zumindest als Geselle) nicht ausführen werde. Ich bin eher der ruhige Kerl und allgemein ist mir auf Baustellen zu viel Stress und ich kann es überhaupt nicht ab (also ich will nicht rumheulen, aber mein Körper meldet sich dann extrem schnell, in Form von geschwächten Immunsystem: "mach mal langsamer").
Vor der Ausbildung hab ich Physik studiert, aber abgebrochen, weil es mir einfach zu viel rumgehocke war und zu theoretisch (obwohl ich Theorie gut finde, aber das war zu viel des Guten). Ein Beruf ist ja eine Berufung...etwas was dich ruft und sagt "Tu mich!". Und das ist Zimmerer bei mir nicht. Vielleicht werde ich danach noch Berufsschullehramt studieren (auf Kunst, Deutsch oder Geschichte) oder werde Bogenbauer und mache eine Bogenschießschule auf (aus erfragten Erfahrungen, kann man davon sehr gut leben).

Also danke für eure Unterstützung, ich werde nochmal weiter berichten und wenn jemand noch gute Tipps hat, dann wäre ich für Antworten sehr dankbar :emoji_slight_smile:

Kevin
 

yoghurt

Moderator
Teammitglied
Registriert
7. Februar 2007
Beiträge
9.505
Ort
Berlin
Hallo,
na also! Wird doch!
Mach Dir einen Spaß daraus, dem Gesellen immer genau das vorzubereiten und anzureichen, von dem er noch nicht weiss, dass er es gleich braucht...

Und das mir dem Berufsschullehrer... na ja...

Gruß

Heiko
 

Aliqui

ww-pappel
Registriert
27. Oktober 2011
Beiträge
7
Ort
Hamburg
Im Moment tendiere ich auch eher noch zum Bogenbauer und Bogenschießschule :emoji_stuck_out_tongue: aber Berufsschullehrer für die Gymnasialstufe ist schon ok. Man muss halt viel Geduld haben und Spaß dran haben und wie gesagt, diese "Berufung" in sich hören.
 

MightyMarxMan

ww-esche
Registriert
9. Juli 2011
Beiträge
578
Ort
Niedersachsen
Evtl. Solltest du dir wirklich mal überlegen was du überhaupt willst. Deine Lehrstelle hätte ein Haupt oder Realschüler auch gerne gehabt. Für den Beruf auf dem Bau bist du vielleicht nicht der richtige. In meiner Findungsphase als Jugendlicher habe ich mehrere Praktika und Ferienjobs in verschiedenen Berufen gemacht. Elektriker,Gerüstbau, Tiefbau, Tischler, Fahrradmechaniker, Kassierer, Kellner, Hotelpage, etc. und Zivi als Blut und Organfahrer. Dabei konnte ich auch bei 8 Multiorganentnahmen mit hinter dem Chirurgen stehen. Fast hätte ich Medizin studieren wollen, aber das stumpfe auswendig lernen ist nichts für mich gewesen.
Was ich damit sagen will ist, viel sehen hilft bei der Entscheidung was man machen will. Viel anfangen und nichts zu Ende bringen bringt nichts und sieht im Lebenslauf auch nicht gut aus.
Mein Lebenslauf: Gymnasium, Abi mit Eng. und Bautechnik, Lehre Gas-Wasser-Scheisse verkürzt, Zivi, Studium mehrsprachig zum Ing. Verfahrens-Energietechnik, Projektleiter und jetzt Job als Verfahrensingenieur.

Und der Spruch Lehrjahre sind keine Herrenjahre gilt auch immer noch.

Gruß 3 M
 

Stick69

ww-esche
Registriert
2. Dezember 2008
Beiträge
493
Alter
55
Ort
NRW
Hi,

Zitat "Evtl. Solltest du dir wirklich mal überlegen was du überhaupt willst."

Sehe ich genauso. Darf man fragen, wie alt Du bist?

so long

Stick
 

Aliqui

ww-pappel
Registriert
27. Oktober 2011
Beiträge
7
Ort
Hamburg
Hey, Danke nochmals für eure Antworten.

Nach einer kleinen Ruhephase und einfach mal gar nicht drüber nachdenken, habe ich zwei Sachen herausgefunden:
1. Es ist tatsächlich der Betrieb, der mich stört. Zwar stimmt es, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, aber mich andauernd dumm anmachen lassen (persönlich), geht leider ne Spur zu weit und ich muss sagen, dass ich da leider schwachen Persönlichkeiten gegenüberstehe, die leider in einer Machtposition sind.

2. Ist dies kein Beruf für mich, der Zukunft hat. Aber was solls. Lehre wird durchgezogen, sowas kann nie Schaden. Danach geht es vielleicht als Tischler weiter oder es wird studiert oder sonst was.

Zu den ein oder anderen Fragen hier: Ich bin 23, habe auch schon sehr viel ausprobiert. Auch von Landhandel, Gastronomie, Bagger-Kran, Lagerlogistik

@3M: das ist ja nen schöner Lebenslauf :emoji_wink:

@Franz: Ja? Auf Berufsschulen gibt es auch eine Gymnasialstufe :emoji_wink:

Haut rein Leute
 

woodworker93

ww-pappel
Registriert
8. Dezember 2011
Beiträge
1
Hi,

Bin gerade in genau der gleichen Situation und froh, dass ich nicht der Einzige bin. Wollte dich ein bisschen aufmuntern, deswegen hab ich mich angemeldet. Bist echt nicht allein....

So wie du die Dinge schilderst hätten sie auch aus meinem Mund kommen können. Ich werde versuchen die Lehre auch durchzuziehen und werde danach zu 100% was anderes machen. Der Beruf hat für mich keine Zukunft.

Gruß aus Bremen,

Tobias
 
Oben Unten