Lorenzo

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In einem Monat sinds 4 Jahre seit dem Brand von Notre Dame.
Matthias Burger hat dazu mal ein Video gemacht und zeigt dabei viele Details des Dachstuhls und mögliche Ursachen und den vermutlichen Hergang des Brandes.
https://www.youtube.com/watch?v=3wu6qYnGJ4I

Und ganz aktuell hat sich Arte mit einem 3 Teiler dem Wiederaufbau von Notre Dame gewidmet. Ich finds echt spannend wie engagiert das Ganze angegangen wird, und wie welche Entscheidungen getroffen werden.
Der Wiederaufbau soll in einer Rekonstruktion des Dachstuhls aus dem 13. Jahrhundert enden, ohne die Reperaturen und Veränderungen der darauf folgenden Jahrhunderte, mit einer Ausnahme: Der Vierungsturm soll nach dem Entwurf von Viollet-le-Duc der 1859 fertig gestellt wurde wieder aufgebaut werden.
Auch interessant fand ich Details, wie z.b. die Tatsache dass viel relativ schwaches Holz verwendet wurde und wieder verwendet wird, 1000 Bäume werden dennoch gebraucht, aber eben nicht uralte Riesen, sondern 60 jährige Stämme die aus altem Stock wieder ausgetrieben sind. Solche Wälder gab es damals, und zum Teil gibt es sie noch heute.
Ich fands richtig spannend das zu sehen!
https://www.youtube.com/watch?v=CoNp5E4MSSE
https://www.youtube.com/watch?v=sn7JcctoWvA
https://www.youtube.com/watch?v=9OwxZAoU71E
 

Andreas W.

ww-esche
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Absolut sehenswert!
Nicht vorstellbar, wie man das ohne Diesel, Strom und Stahlseilen hat erschaffen können.

Zum in der Masse relativ dünnen verwendeten Bäumen - vom Durchmesser eines Stammes betrachtet war/ist bei beschlagenem Holz: "jeweils ein Baum = jeweils ein Bauteil".
Aus einem langen Baum konnten natürlich mehrere kürzere Bauteile (Kopfbänder usw.) entstehen.

Beschlagenes Holz ist Vollholz mit Kern, man kann hierbei den Baum nicht komplett zu Schnittholz verwenden (keine Seitenbretter, keinen Kern trennen usw.). -
Vollkantigkeit (also das Nicht-vorhandensein) von Baumkannte) ist ebenfalls nicht notwendig gewesen.
Ebenso keine absolute Geradheit der Bauteile, weil durch die damalige Art zu Arbeiten (Teile, die zueinander gehören werden, werden zum Anreißen zueinander gelegt), das nicht notwendig gewesen ist.
Das ist natürlich sehr viel zeitaufwendiger, als alles einzeln nach Plan und Maß zu fertigen, war aber lange Zeit Stand der Technik gewesen.

Für die üblichen Maße bis ca. 20/20 lassen sich also für den heutigen Sägebetrieb viel zu dünne Stämme verwenden.
Ebenso wurde das Holz frisch, also ohne Lagerung und Trocknung, mehr oder weniger direkt aus dem Wald, verarbeitet. Einfach deswegen, weil sich trockenes Holz sehr viel schwerer und kraftaufwendiger von Hand bearbeiten läßt.

Gruß, Andreas
 

weissbuche

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Immer bedenken, daß die Leute früher nur die Mettwursthydraulik zur Verfügung hatten. Eine 30 cm Eiche läßt sich mit einer Handsäge leichter Fällen, leichter Aufladen und mit 4- seitigem Behauen gut in ein Kantholz verwandeln. Wir haben das bei uns im Museum alles ausprobiert und mein Respekt vor den Alten ist mit jedem Arbeitsschritt gewachsen.
 

Lorenzo

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Die Menschen waren damals ganz genauso clever wie sies heute sind, also mindestens :emoji_wink:
Ich find sowas total faszinierend, die Cheops Pyramide hatte ne Bauzeit von 30 Jahren!! Da muss allein logistisch alles laufen wie geschmiert. Beim Bau einer Kathedrale genau das gleiche. Ich glaub in zweiten Teil der Doku geht's um die Mauern, Bögen und Gewölbe. Da gibt's ne Aufnahme von einer Drohne die durch das Loch im Gewölbe fliegt. 12cm dick sind die Kreuzgewölbe gemauert. Das sieht in den Dimensionen wirklich aus wie ne Zelthaut. Und keines das nicht durchschlagen wurde ist eingestürzt!
Unglaublich wie Planung und Ausführung im Zusammenspiel funktioniert haben.
Mich hat aber eben auch gewundert wie weit es in Notre Dame vorangegangen ist. Das Geld ist ja nur eine Komponente, es müssen auch Entschlüsse gefasst werden, und unterschiedlichsten Meinungen und Interessen zum Trotz was in die Realität umgesetzt werden. Das scheint echt gut zu klappen.
 

weissbuche

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Ist ja auch nicht in Deutschland. Bei uns müßten von Architekten, Brandschutzbeauftragten usw. erst einmal umfangreiche Gutachten erstellt werden. Dann könnte, nachdem der Statiker gerechnet hat, ein Bauantrag gestellt werden. Der Statiker würde wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, daß das Gebäude so nicht wieder aufgebaut werden dürfte, da Einsturzgefahr besteht. Als bei uns im Museum ein Gebäude von 1643 wieder aufgestellt werden sollte, wurde der Baugenehmigung verweigert, weil kein statischer Nachweis erbracht werden konnte. Nach langem Hin und Her wurde dann doch der Aufbau genehmigt und zwar ohne die 10 Tonnen Stahl die der Statiker verbauen wollte. Wenn dann alles soweit gediehen ist, muß natürlich auch noch die Naturschutzbehörde und die Gleichstellungbeauftragte gefragt werden. Ich würde mal annehmen, daß in Deutschland so ein Wiederaufbau heutzutage mit einer Dauer von 20-25 Jahren zu veranschlagen ist. Das aber auch nur, wenn jemand gefunden wird, der bereit ist, einen Entschluß zu fassen und den auch zu vertreten. Und dann müßten ja auch erstmal die ganzen polnischen Handwerker gefunden werden, die so etwas auch können. Also ich sehe da schwarz und kann nur hoffen, daß der Kölner Dom und andere historische Gebäude hier nicht abbrennen.
 

inselino

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Ich finde die Vergleiche hinken alle etwas. Für die Cheops Pyramide gab es vermutlich 360.000 Sklaven, der Kölner Dom hat gut 500 Jahre gedauert und auch da gab es etliche tausend Arbeiter*innen von denen einige draufgegangen sind.
Und ich bin sehr froh, dass wir halbwegs moderne Bauvorschriften haben damit auch Menschen im Rollstuhl in Gebäude kommen und die Dinger nicht beim nächsten Erdbeben einstürzen.
Bauwerkssicherheit, Bauzeit etc. von damals und heute zu vergleichen funktioniert nicht.
Worin ich zustimme, ist die beeindruckende architektonische und handwerkliche Leistung dieser Gebäude und die Leistung das zu erbauen mit den mitteln der damaligen Zeit.
 

Mitglied 59145

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Ich ärgere mich nur übers Baurecht wenn es mich direkt betrifft :emoji_wink:

Als Beispiel die vorzuhaltenden PKW Stellplätze auf dem Grundstück. Finde ich ja durchaus richtig, aber doch nicht bei UNS, expliziter bei MIR!
Pffft.....

Insgesamt bin ich schon froh über die ganzen Vorschriften, man sieht ja selbst mit denen allerhand haarsträubendes von unseren ganzen Experten.
 

Dikado

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Deutsche Vorschriften hin oder her, in Deutschland wäre eine Firma wie Microsoft nie entstanden, weil sie gar keine Genehmigung dafür bekommen hätten.... in einer Garage ohne Klo geht ja gar nicht. Ich erinnere mich an einen Bericht, da wollte ein Mädchen Tischler werden, ging aber nicht, weil sie keinen eigenen Raum hatte, indem sie sich hätte umziehen können. Ihr war das egal, aber nicht den Behörden.
 

Lorenzo

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@inselino: Die Vorstellung dass die Pyramiden von hergepeitschten Sklaven gebaut wurden ist schon seit langer Zeit überholt. Klar ist auch dass es sicher nicht wie im Bilderbuch abgelaufen ist, tut's heute, auch abhängig vom Ort wo das passiert ja auch nicht (Siehe Fußball WM in Katar) Mir ging's bei der Nennung der Pyramiden nicht um einen Vergleich mit der Bauzeit von Notre Dame.

Es wurde auch von niemandem behauptet dass die Arbeiter die jetzt an der Kathedrale beschäftigt sind komplett zu den gleichen Bedingungen arbeiten sollten wie es beim ursprünglichen Bau der Fall war. Tun sie ja auch nicht wenn man sich die Fangnetze und Gerüste anschaut die dafür jetzt schon vorhanden sind.

Mir ist durchaus bewusst dass man, gerade in Deutschland und noch mehr in einem deutschen Forum alles immer sehr genau von allen Seiten betrachten muss, genau deshalb gibt's wohl auch so Regelungen wie die mit den Mitarbeitertoiletten :emoji_wink:

In dem von @U.Tho verlinkten Threads ging's nur noch drum dass jetzt 1000 uralte Eichen gefällt werden müssen. Ja da kann man ewig drauf rumreiten. Aber erstens ist es faktisch einfach falsch, es werden viel jüngere Eichen verwendet, und zweitens, und ja, es mag nicht toll sein zu sagen es gibt viel schlimmeres, aber ich sag's trotzdem: Es gibt wahrlich schlimmeres! Ikea lacht über tausend Bäumchen, Prestigeprojekte werden auf nationaler Ebene eher im nahen Osten als hier umgesetzt, und hier halt von Superreichen. Aber auch jeder Ottonormalverbraucher kommt hierzulande auf einen Verbrauch von Ressourcen die in der Masse sowas wie den Wiederaufbau von Notre Dame nicht mehr als besonders relevant da stehen lassen.
 

weissbuche

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Ich will da nicht missverstanden werden, keiner soll wieder unter den Bedingungen arbeiten wie vor 500 oder 100 Jahren und ich bin auch nicht gegen die BG und deren Vorschriften zur Arbeitssicherheit. Was mich stört ist, daß heute Planungs- und, vor allen Dingen, Genehmigungskosten einen großen Teil der Baukosten verursachen. Da werden dann trotz umfangreicher Planung 3,5 km Radweg wieder zurückgehalten weil sie 10 cm zu schmal sind und anflicken nicht geht. Da dauert die Genehmigung eines Spielplatzes 1,5 Jahre und kostet 18.000,00 Euro für Planung und Genehmigung. Der eigentliche Platz hat dann nochmal 26.000,00 Euro gekostet. Mir ist auch bewußt, daß man die Bedingungen von früher nicht 1:1 auf heute übertragen kann, aber wenn ich lese wie schnell früher große Bauvorhaben realisiert wurden und wie lange es heute dauert selbst einfache Sachen durchzuführen, komme ich doch ins grübeln. In unseren Nachbarländer geht das häufig deutlich schneller. Die Eisenbahn von Lehrte nach Harburg wurde von 1845 - 47 gebaut, die A 39 von Wolfsburg nach Lüneburg wird seit etwa 2010 gebaut, ich glaube nicht das ich noch einmal auf dieser Straße komplett durchfahren kann. Ja, ja ich weiß kann man nicht direkt vergleichen aber trotzdem gibt mir das zu denken. Ich will das hier nicht weiter vertiefen, weil bei so einer schriftlichen Diskussion zu schnell Sachen missverstanden werden und die Sache unschön wird.
 

Kerstenk

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IDa werden dann trotz umfangreicher Planung 3,5 km Radweg wieder zurückgehalten weil sie 10 cm zu schmal sind und anflicken nicht geht.
die Entscheidungsträger haften halt mitunter dafür wenn es da Ärger gibt und weil sie ihren Stelle nicht riskieren wollen, entscheiden sie nicht......
da liegt ein Grundsatzfehler vor
 

inselino

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Also aus meiner Sicht sollten wir uns da alle zuerst mal an die eigene Nase fassen. Bei jedem Windrad, jeder Trasse und jeder Straße gibt es Bürgerproteste. Jeder noch so kleine Fehler in der Planung wird für jahrelangen Rechtsstreit genutzt um das ganze zu verhindern, denn es gilt wie bei vielem öffentlichen NIMB (not in my backyard).
Um dem entgegenzuwirken gibt es immer mehr Richtlinien und Gesetze die dann eben alle geprüft werden müssen. Und dann kommt halt mal wieder die nächste Wahl und das heiße Eisen wird auf später verschoben.
Selbst so große Projekte wie Stuttgart21 und der Berliner Flughafen wären wohl ohne ständige Klagen deutlich früher fertig geworden.
 

Tischlermester

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Das gute an so einem Dom ist ja, dass der seine Baufirma immer dabei hat, Stichwort: Dombauhütte, das vereinfacht manche Dinge kollossal...
 
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