Fragen zur Tischler-Ausbildung - Berufsweg

magicmanz

ww-pappel
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Hi,

Dies ist mein erster Beitrag hier im Forum, deshalb möchte ich mich zuerst kurz vorstellen.

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Ich bin 22 Jahre alt, habe nach meinem Abitur das Studium Umweltingenieurwesen in München begonnen, jedoch nach zwei Semstern festgestellt, dass es doch nicht das richtige für mich ist.

Um meinen Traum vom Reisen finanzieren zu können, habe ich dann ein halbes Jahr bei einer Brunnenbohrfirma für Geohermie als "Bohrknecht" gearbeitet.

Ein Jahr war ich dann in Australien und habe mehrere Jobs gehabt, von Maurergehilfe über Bananenpflücker bis Gehilfskoch.

Nach über 13 Monaten bin ich dann letzte Woche wieder nach Deutschland zurück gekehrt und habe mich nun dafür entschieden eine Ausbildung zum Tischler zu beginnen.
Bzw Schreiner, weil ich diese im südlichen Teil Baden-Württembergs machen möchte (Bodensee, Allgäu)

Das "Handwerksgen" liegt auf jeden Fall in meiner Familie und ich bin schon als kleiner Bub mit meinem Vater in der Werkstatt im Keller gestanden und habe schon früh gelernt mit allerlei Werkzeug und Maschinen umzugehen.
Kappsäge, Standbohrmaschine, Hobel, Kreis- und Stichsäge, Flex, Oberflächenveredelung, Löten und schweißen,...
Also ich würde behaupten ich habe die meisten Basics schon drauf und habe auch schon erfolgreich mehrere hochwertige Betten für Freunde konstruiert und gebaut.
Unter anderem auch mein eigenes Hochbett mit Wandverankerung + Kleiderschrank.
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Nun habe ich ich einige Fragen zur Ausbildung und zum Beruf an sich.

1. Betrieb
Macht es eher Sinn in einem großen Betrieb zu lernen oder in einem Kleineren? Wie würdet ihr bei der Suche nach einem passendem Betrieb vorgehen und nach welchen Kriterien?

2. Ausbildungsdauer
Etwas habe ich mich schon informiert und ich könnte wohl auf 2 Jahre verkürzen, da ich Abitur und etwas praktische Erfahrung habe. Macht das Sinn und wenn ja, wie läuft das dann genau ab? Kommt es auch auf den Betrieb drauf an?

3. Ausbildungsbeginn
Ist es tatsächlich so, dass ALLE Ausbildungen im Herbst beginnen?
Jetzt ist Februar und ich wohne momentan bei meinen Eltern und möchte eigentlich sehr bald in ein WG-Zimmer ziehen, wieder selbstständig leben und dafür braucht man natürlich das nötige Kleingeld. Deshalb:
Denkt ihr es ist möglich in dem zukünftigen Ausbildungsbetrieb direkt mit Arbeiten anzufangen um mir mein selbstständiges Wohnen finanzieren zu können? A la "bezahltes Praktikum"

4. Gehalt
Das wirft die nächste Frage auf: Einige meiner Freunde (Industriemechaniker, Brunnenbauer, Koch, KFZ-Mechatroniker) haben mir von der Ausbildung zum Tischler abgeraten, weil der Verdienst so schlecht wäre.
Nicht nur während der Ausbildung, sondern auch als Geselle, Meister und selbst nach absolviertem Holzechnik-Studium (was ich momentan eher nicht anstrebe).
Ich persönlich war bis jetzt der Auffassung, dass es eher davon abhängig ist, wie gut man ist, wie man sich spezialisiert und wo man im Endeffekt dann arbeitet (bis hin zur Selbstständigkeit).
Ich bekomme zusätzlich noch bis zum 25. Lebensjahr 186€ Kindergeld und wollte wissen ob es realistisch ist von dem Ausbildungsgehalt zu leben ( WG Zimmer ~250€, sparsames Leben habe ich natürlich während meiner Reise gelernt)

5. Zukunft
Natürlich ist es als junger Mensch immer schwierig sich seine Zukunft klar vorzustellen, aber wie gesagt:
Ich habe es schon immer sehr genossen mit Holz zu arbeiten, eigene Sachen zu konstruieren und das Handwerk zur 100%igen Perfektion zu bringen.
Deshalb sehe ich mich eventuell später einmal in meinem eigenen Betrieb um individuelle Kundenwünsche im Bereich Inneneinrichtung (Spezialanfertigungen wie Treppen, Eckbänke, Wintergärten, Betten und eben alles mögliche zu planen, konstruieren und auszuführen.
Es muss natürlich nicht der eigene Betrieb sein - ich sehe es bei Bekannten wie hart und stressig das ist - aber das ist so grob was ich mir für meine berufliche Zukunft vorstelle.

Denkt ihr, dass die Ausbildung und vermutlich anschließend der Meister der richtige Weg dafür ist?


Bin mega gespannt auf eure Antworten und wünsche allen noch ein schönes Wochenende und warme Werkstätten :emoji_wink:

Nachdem ich jetzt über ein Jahr keine Temperaturen unter 15° mehr gefühlt hab, frier ich mir hier den A*** ab. Trotzdem wieder schön in der Heimat zu sein :emoji_slight_smile:

Grüße,
Oli
 

Friederich

ww-robinie
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2. Ausbildungsdauer
Etwas habe ich mich schon informiert und ich könnte wohl auf 2 Jahre verkürzen, da ich Abitur und etwas praktische Erfahrung habe. Macht das Sinn und wenn ja, wie läuft das dann genau ab? Kommt es auch auf den Betrieb drauf an?
Durchaus möglich daß es dem Betrieb lieber ist, wenn sie Dir die vollen 3 Jahre nur Lehrlingsgehalt zahlen müssen.
Berufsschule schaffst du auch in der verkürzten Zeit mit Links. Da würd ich mich unbedingt noch um irgendeine Zusatzqualifikation kümmern, wenn etwas möglich ist. Z.B. mit diesem CNC-Krams

Ein Jahr war ich dann in Australien und habe mehrere Jobs gehabt, von Maurergehilfe über Bananenpflücker bis Gehilfskoch.
Das lässt erwarten, daß Du den Anforderungen im Beruf gewachsen bist. Ist nämlich nicht so gemütlich wie bei Meister Eder.
Gruß
Friederich
 

predatorklein

ww-robinie
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Moin

1 : Kleinbetrieb,da lernt man am meisten.

2 : macht Sinn , die meisten Betriebe haben damit keine Probs

3 : einfach mal anfragen , da du schon einiges gemacht hast sollte das ein großer Vorteil sein gegenüber vielen anderen Bewerbern :emoji_wink:

4 : Gehalt als Geselle ist tatsächlich nicht der Renner . Sich fortzubilden ist da Pflicht , gute Leute werden auch beim Schreiner noch halbwegs ordentlich bezahlt , da es immer weniger davon gibt :emoji_frowning2:

5 : Denkt ihr, dass die Ausbildung und vermutlich anschließend der Meister der richtige Weg dafür ist?

Ja , denke ich.

Ich kenne jetzt einige Kollegen die mit einem Lehrling oder Gesellen werkeln und die selbst noch viel Hand anlegen und zufrieden sind.
Und auch geldlich ganz gut über die Runden kommen.

Und ich kenne jetzt auch einige Kollegen die 5 oder mehr Leute haben und nur noch den Betrieb leiten und steuern damit alles so reibungslos klappt wie möglich.
Dazu muß man aber auch der Typ sein der diese organisatorischen Sachen gerne macht.

Gruß
 

Jens2001

ww-birnbaum
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1. volle zustimmung im Kleinbetrieb wird am meisten gelernt, nur Vorsicht nicht dass du in einem Montagebetrieb landest der industriell gefertigteFenster und Türen einbaut!
2. leider sehen einige Betriebe gute Lehrlinge als besonders günstige Arbeitskräfte
3. im dualen System Betrieb und Berufsschule nicht ganz einfach, vom System her so nicht vorgesehen, Einzelabsprachen evtl. möglich
4. gut Geld ist in dem Beruf nicht leicht zu verdienen - aber wenn du richtig gut bist, im Innenausbau von Industrienahen Edelprodukten wie Yachten, Kreutfahrtschiffen, privat und Firmenflugzeugen, Hotels, Vorstandsbüros in diesen Segmenten kann man Geld verdienen aber der Markt ist klein
5. das kannst nur du entscheiden schon mal über eine andere Studienrichtung nachgedacht?
Meister macht eigentlich nur Sinn, wenn du vorhast den Familienbetrieb zu übernehmen - da du wohl keinen hast bliebe nur Einheiraten :emoji_slight_smile: dich selbständig zu machen, oder als Angestellter in einem recht großen Betrieb! Viele Leute mit Meisterabschluss arbeiten im Handwerk als Geselle oder werden als Geselle bezahlt...

lg Jens

p.s. ich bin nebenbei Dozent in der Meisterausbildung allerdings bei den Metallbauern - die Probleme sind aber ähnlich gelagert...
 

Tischler-Kalle

ww-robinie
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1. volle zustimmung im Kleinbetrieb wird am meisten gelernt, nur Vorsicht nicht dass du in einem Montagebetrieb landest der industriell gefertigteFenster und Türen einbaut!
....
lg Jens

p.s. ich bin nebenbei Dozent in der Meisterausbildung allerdings bei den Metallbauern - die Probleme sind aber ähnlich gelagert...

Hallo,

gerade darauf achtet, zumindestens unsere Handwerkskammer schon sehr.
Der Ausbildungsbeauftragte schaut sich die Betriebe die Ausbilden wollen an, ob auch die für das Berufsbild typischen Maschinen vorhanden sind.
Die Problematik mit den günstigen Lehrkräften ist der Handwerkskammer wohl bekannt. Denn einige der reinen Montagebetriebe suchen Lehrlinge die nur als Packesel dienen sollen...
 

Mitglied 59145

Gäste
Hallo,

es ist heute doch so das niemand weiss wo es hinführt....
Also SOLLTE man erstmal das machen was einen reizt!
Ich habe mit 18 die Ausbildung gemacht, dann ganz andere Sachen und habe dann ein paar Jahre als Geselle gearbeitet.
Das funktionierte dann nichtmehr und ich bin in die Selbständigkeit "gerutscht", auch ein paar Jahre eigentlich nur Montage(hat sich aber gelohnt!) .

Inzwischen bin ich Miteigentümer der Firma meines Vaters und habe hier einen weiteren Zweig aufgebaut, die Tischlerei!

Wege sind oft wirr und selten wirklich planbar, das soll nicht heissen man sollte sich keine Gedanken machen----nur halt auch nicht zuviele!

Da es bei dir, glaube ich, noch um die Erstausbildung handelt kannst du wohl BundesAusbildungsbBeihilfe beantragen. Solltest du mal Info ranholen!

Wenn du "Bock" hast mach ruhig! Ich denke dir ist klar das ein Studium meist mehr bringt, ich war damals einfach nicht geeignet um die "Schulbank" zu drücken!

Heute denke ich zum Glück!!

Gruss
Ben
 

Sägenbremser

ww-robinie
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Hallo Oli

was du als deinen Werdegang jetzt angeben kannst,
klingt schon sehr ansprechend. Du bist neugierig, hast
früh schon Entscheidungen getroffen und kannst dich
auch umfassend darstellen. Mentale/körperliche Belast-
barkeit wird da wohl auch noch vorhanden sein.

1- würde die Betriebsgrösse nicht im Vordergrund sehen.
Wichtiger ist was da selber gefertigt wird. Würde mir alle
Seiten der Betriebe in deinem Umfeld ansehen, bei euch
im Allgäu gibt es ja schon einige sehr leistungsfähige, auch
grössere Betriebe der Holzverarbeitung/Tischlerein. Wenn
du dich mit Firmenidentität anfreunden kannst, schick den
eine Bewerbung, das halbe Jahr Vorlauf ist eher schon knapp.

2- lieber nicht. Du hast ja noch Zeit mit 22 Jahren und die
Fehler die du in der Ausbildung machen kannst, würden dir
später übel angekreidet werden. Die 3 Jahre reichen eigentlich
nur knapp um ein Teilgebiet des Tischlerhandwerks sicher zu
erlernen.

3- ist schwierig, aber versuch mal über die AfA eine Förderung
zu bekommen, da bringst du dem Betrieb schon mal was mit.

4- ist kein Zuckerschlecken von der Ausbildungsvergütung ein
selbstverwaltetes Leben zu führen, aber es ergeben sich im Betrieb
bestimmt noch Möglichkeiten etwas dazu verdienen zu können.
Ich war in meiner zweiten Ausbildung auch in deinem Alter und
habe eine eigene Wohnung halten können und wir haben vor
40 Jahren wirklich noch einen Hungerlohn erhalten. Da must du
halt nach Feierabend kräftig ranklotzen.

5- jetzt ist erst einmal die Ausbildung gefragt. Mit dem was du da
an Erfahrungen machst, wirst du dir diese Frage später selber gut
beantworten können.

Viel Erfolg, Harald
 

tomkaes

ww-robinie
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4. Gehalt
Das wirft die nächste Frage auf: Einige meiner Freunde (Industriemechaniker, Brunnenbauer, Koch, KFZ-Mechatroniker) haben mir von der Ausbildung zum Tischler abgeraten, weil der Verdienst so schlecht wäre.
Nicht nur während der Ausbildung, sondern auch als Geselle, Meister und selbst nach absolviertem Holzechnik-Studium (was ich momentan eher nicht anstrebe).
Ich persönlich war bis jetzt der Auffassung, dass es eher davon abhängig ist, wie gut man ist, wie man sich spezialisiert und wo man im Endeffekt dann arbeitet (bis hin zur Selbstständigkeit).
Ich bekomme zusätzlich noch bis zum 25. Lebensjahr 186€ Kindergeld und wollte wissen ob es realistisch ist von dem Ausbildungsgehalt zu leben ( WG Zimmer ~250€, sparsames Leben habe ich natürlich während meiner Reise gelernt)

Grüße,
Oli

Ich habe ähnliches vor 32 Jahren erlebt:
7.00-17.00 Uhr Lehre, ab 17.00 Uhr und Samstags Arbeitsbeginn für Miete/Kühlschrank.
Habe die Lehre zum Glück auf 2 Jahre verkürzt bekommen.
Du solltest dir vorher darüber klar werden, die Zähne zusammenzubeissen.

Da in Süddeutschland z.B. Treppenbau bei den Zimmerleuten beheimatet ist, und größere Betriebe auch Bauschreinereien unterhalten, wäre das vielleicht eine Alternative. Als ich als Tischler - Junggeselle mehr durch Zufall aus der Schreinerei in eine grosse Zimmerei wechselte, bekam ein Auszubildender im Hauptbauberuf schon mehr Ausbildungsvergütung als ein Junggeselle im Tischler / Schreinerhandwerk.
Und die "Nebenjob" Möglichkeiten im Betrieb sind da selbst für die Auszubildenden meistens besser (und werden ordentlich bezahlt).
 

Besserwisser

ww-robinie
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Ich hab mit Ende 20 mein Studium geschmissen und Tischler gelernt. Bin mitlerweile seit über 10 Jahren selbstständig.

1. Kleiner Betrieb. Du lernst zB nirgends so viel wie in der Mombi Meister und ein Lehrling.

2.Du kannst immer deine Ausbildung verkürzen, auch gegen den Willen des Betriebs, wenn deine Leistungen entsprechend sind. Sollte man aber schon bei Vertragsabschluss kommunizieren. Denn du musst ja in dem Betrieb auch dein Gesellenstück bauen. Ausserdem eine Frage der Fairness.

3. Du kannst jederzeit in die Ausbildung einsteigen. Wenn du jetzt einen Betreib findest, dann kannst du zum 10.2. im 1. Lehrjahr auch in der Berufssschule beginnen und zur Winterprüfung in 2 Jahren fertig sein.

4. Kohlemässig ist eher mau. Auch als Meister. Man muss den Job wollen. Selbst so was wie Elektriker oä wird besser bezahlt. Für mich oft unverständlich, ist aber so. Als Selbstständiger bist du Unternehmer. Da hängt dein Verdienst weniger vom fachlichen Können als vom drumrum ab. Ich kenne absolute Nieten, die bombig verdienen und Topfachleute, bei denen es gerade so reicht.
In der lehre und als Geselle bist du oft im Bekanntenkreis der Eltern ein gern gesehener Mann, der sich über "Nachbarschaftshilfe" ein gutes Zubrot erwerben kann. Der Lerneffekt solcher Projekte ist enorm, ich kenne Leute, die ihre Azubis regelrecht zum schwarz arbeiten antreiben.

5. Freiheit hast du in dem Jb fast nur in der Selbstständigkeit.
 
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